Deutschland ist wieder ganz bei sich

Der Wille zum Krieg

Kolumne von Gert Ewen Ungar

In den großen deutschen Medien und von weiten Teilen der deutschen Politik wird die Nachricht euphorisch aufgenommen: Im US-Repräsentantenhaus wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Unterstützung der Ukraine abgesegnet. Die Republikaner hatten den Finanzplan lange blockiert, sind nun aber umgefallen. Rund 61 weitere Dollar-Milliarden fließen in den Krieg in der Ukraine.

Was im offiziellen Deutschland gefeiert wird, ist für die Ukraine eine schlechte Nachricht. In russischen Medien kommentiert man sie in ähnlicher Weise, wie sie viele deutsche User in den sozialen Netzwerken kommentieren. Das Sterben geht noch einige Monate weiter, der Krieg wird verlängert, die Ukraine bezahlt einen hohen Preis für den westlichen Willen zum Krieg. Im Verstehen von Zusammenhängen sind viele Internetnutzer wesentlich fitter als die Journalisten des deutschen Mainstreams. Die Mehrheit der Deutschen will keinen Krieg und ein Ende des Sterbens in der Ukraine, der politisch-mediale Komplex in Deutschland will ihn schon und trägt alles dazu bei, das Sterben zu verlängern.
Im US-Rüstungspaket sind unter anderem ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von 300 Kilometern enthalten. Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, erklärte in diesem Zusammenhang, dass die USA damit nicht nur den Krieg verlängern, sondern auch den Terror gegen Russland unterstützen. Mit den ballistischen Kurzstreckenraketen kann die Ukraine russisches Territorium erreichen. Dass sie diese Möglichkeit nicht nur zu militärstrategischen Zwecken nutzt, hat sie in der Vergangenheit vielfach bewiesen. Die Ukraine wird die Möglichkeit nutzen und die Bombardierung ziviler Ziele in Donezk wieder verstärkt aufnehmen. Gleiches gilt für die russische Grenzstadt Belgorod. Die Ukraine nutzt Terror, der Westen unterstützt das Kiewer Regime darin.

Die deutsche Außenministerin hält Angriffe auch auf zivile Infrastruktur in Moskau für mit dem Völkerrecht vereinbar. Hardliner wie der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter fordern die Ukraine auf, den Krieg nach Russland zu tragen. Deutsche Politik unterstützt offen Kriegsverbrechen und Terror. Vom einst gegebenen Einheitsversprechen, dass von deutschem Boden nur noch Frieden ausgeht, ist nichts mehr übrig. Deutschland ist wieder ganz bei sich angekommen.
All die westliche Aggressivität, all das Geld und die Bekenntnisse zur Unterstützung der Ukraine können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der kollektive Westen kein realistisches Kriegsziel hat. Diplomatie soll es weiterhin nicht geben. Der Westen unterstützt den „Friedensplan“ Selenskis, der faktisch die bedingungslose Kapitulation Russlands zur Vorbedingung für die Aufnahme von Verhandlungen vorsieht.

Bundeskanzler Olaf Scholz verpackt diesen Unwillen zur diplomatischen Lösung des Konflikts in die Phrase vom „gerechten Frieden“. Es dürfe keinen Diktatfrieden geben, wiederholte Scholz sein Mantra zuletzt auch in China, wo er um Unterstützung warb. Scholz will keinen Frieden, er will einen langen Krieg. Am Ergebnis wird sich wenig ändern. Russland ist in der Lage, jeden weiteren Eskalationsschritt mitzugehen, und kann den Krieg in der jetzigen Intensität noch mehrere Jahre aufrechterhalten.

In China holte sich Scholz übrigens eine Abfuhr von Chinas Präsident Xi Jinping. Die Voraussetzung für Frieden sei, dass man ihn wolle, gibt Xi Scholz mit auf den Weg. Dazu sei es notwendig, egoistische Ziele aufzugeben. Man müsse zudem alles unterlassen, was den Krieg fördert, und sich um eine balancierte Ordnung bemühen, die auch künftige Kriege verhindert.

Xi gab Scholz zudem Nachhilfe in Völkerrecht. Die Ursache des Kriegs ist der Wille, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Russland sieht dadurch seine Sicherheitsinteressen verletzt. Wird das Projekt der Aufnahme aufgegeben und bemüht man sich um die Errichtung einer Sicherheitsarchitektur für Europa, die auch russische Sicherheitsinteressen berücksichtigt, ist der Krieg vorbei. Xi hat das verstanden, er ist Kommunist und glaubt an das friedliche Zusammenleben der Völker. Scholz versteht das nicht, denn er vertritt den westlichen Imperialismus. Also geht der Krieg weiter. Die vollständige Zerstörung der Ukraine und die Auslöschung einer ganzen Generation ukrainischer Männer nimmt der kollektive Westen dabei billigend in Kauf.

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"Der Wille zum Krieg", UZ vom 26. April 2024



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