Ausstoß schädlicher Emissionen berührt Staatsanwälte nicht

Der Wert einer Aktie steht über allem

Aus „roter Käfer“, Betriebszeitung der DKP für VW

Es ist bald zwei Jahre her, dass der Abgasskandal bei VW hochkochte. Nun wurde Mitte Mai gemeldet, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart auch gegen den heutigen VW-Chef Matthias Müller in der Sache ermittelt. Bekannt war bisher schon, dass auch der frühere VW-Chef Winterkorn und der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende Pötsch Ermittlungsziele deutscher Staatsanwälte sind. Der Unterschied dazu ist, dass – nach Anzeige durch die Finanzaufsicht Bafin – Müller in seiner früheren Eigenschaft als Vorstand der Porsche-Holding belangt wird. Die Holding ist Mehrheitseigentümer bei VW. Und um den Wert von Eigentumsrechten, vergegenständlicht in der Aktie, geht es bei den Ermittlungen.

Das muss noch einmal deutlich gesagt werden: Deutsche Staatsanwälte stören sich nicht daran, dass VW-Ingenieure „auf Anweisung der Vorgesetzten B, C und F (siehe Statement of Facts)“ Millionen von Dieselmotoren so manipuliert haben, dass der Betrieb der Diesel-Fahrzeuge gesundheitsschädlich für die Allgemeinheit war. Sie stören sich nicht daran, dass der Ausstoß schädlicher Emissionen aus Profitgründen eben nicht auf das mögliche Minimum reduziert wurde. Erst recht stört sie nicht, dass die Zulassungsbehörden in den USA systematisch über den wahren Schadstoffausstoß getäuscht wurden.

Wegen solcher Kleinigkeiten werden Müller, Winterkorn und Pötsch nicht belangt. Das deutsche Gesetz stört sich vielmehr an der Möglichkeit, dass einige Aktionäre einen Informationsnachteil erlitten haben könnten. Sie könnten, so der Verdacht der Bafin, ein paar Tage zu spät darüber informiert worden sein, dass in den USA das skandalöse Verhalten des VW-Konzerns aufgedeckt worden war. Und daraus könnte, eventuell und vielleicht, ein finanzieller Schaden für ihre Aktienpakete entstanden sein. Und da werden deutsche Staatsanwälte selbstverständlich aktiv, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge in diesem Land geht. Und da steht ganz vorne an das Eigentum, vergegenständlicht im Wert einer Aktie.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Der Wert einer Aktie steht über allem", UZ vom 23. Juni 2017



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit