Der Russe war’s – wie immer

zum NATO-Russland-Rat Klaus Wagener

Der „Westen“, genauer: das US-Imperium und seine Vasallen, haben versucht, einen selbst umgebrachten Toten zu reanimieren. Den NATO-Russland-Rat (NRR). Auf der Webseite des NRR ist zu lesen: „Wir haben entschieden, jede praktische zivile und militärische Kooperation zwischen der NATO und Russland auszusetzen.“ Dies ist der Erklärung der NATO-Außenminister vom 1. April 2014 entnommen.

Zur Erinnerung: Der „Westen“ und seine rechtsradikalen ukrainischen Schlägertrupps hatten im Herbst 2013 begonnen, einen gewaltsamen Putsch gegen die Regierung von Viktor Janukowitsch zu organisieren. Der Putsch war zwar militärisch gesehen erfolgreich. Die Regionen des Donbass und der Krim erkannten aber die Putschisten nicht an. Es gab am 16. März 2014 ein Referendum auf der Krim über eine Sezession von der Ukraine und einen Anschluss an Russland, das bei einer Wahlbeteiligung von 82 Prozent mit 95 Prozent erfolgreich war. Der Westen ignorierte diese klare Willensbekundung der Krim-Bevölkerung souverän und erklärte (siehe oben) die Zusammenarbeit im NATO-Russland-Rat für beendet.

Dazu muss angemerkt werden, dass der NATO-Russland-Rat kaum mehr ist als eine PR-Veranstaltung des „Westens“. De facto betrieb der „Westen“ nach dem Zusammenbruch des Sozialismus 1989 eine aggressive Politik der Aufspaltung und Schwächung der ehemaligen Sowjetunion und der Integration der abgespaltenen Staaten in seinen Herrschaftsbereich. Durch die Nato-Ostexpansion und die militärische Einkesselung Russlands, Chinas und Irans durch hunderte Stützpunkte. Der NATO-Russland-Rat hatte die Funktion, diese Expansionspolitik als freundlich, friedlich und einvernehmlich erscheinen zu lassen.

Seit den 2000er Jahren betreibt das US-Imperium eine ungehemmte militärische Aufrüstung und im Nahen/Mittleren Osten eine imperiale Kriegspolitik zur Neuordnung der „Greater-Middle-East-Region“ im Sinne des US-Interesses. Letzteres ist weitgehend gescheitert, die militärische Aufrüstung gegen die offiziell als „revisionistisch“ gebrandmarkten Mächte Russland und China geht aber ungehemmt weiter. Revisionistisch meint hier, den Status des US-Imperiums infragestellend.

Das US-Imperium entledigt sich in diesem Kampf aller Hemmungen. Es hat den ABM-Vertrag über die Begrenzung der Raketenabwehrsysteme gekündigt, das Atomabkommen mit Iran von 2015 pulverisiert und das Land mit brutalen Sanktionen und Kriegsdrohungen überzogen und nun dem INF-Vertrag den Todesstoß versetzt. INF begrenzte die in Europa stationierten Mittelstreckenraketen. Das Ziel heißt, wie schon unter Ronald Reagan: Von der nuklearen Abschreckung zur Einsatzfähigkeit zu kommen.

Die Obama-Regierung hat dazu eine umfassende Neuerrichtung und Modernisierung der gesamten nuklearen Triade, auf den Weg gebracht. Die Kosten allein für dieses Aufrüstungsprogramm werden auf 1,7 Billionen Dollar beziffert. Fast ebenso teuer ist die Beschaffung der „Joint Strike Fighter“-Flotte, welche über den Lebenszyklus rund 1,5 Billionen Dollar kosten soll. Das US-Imperium meint es bitter ernst, wenn es darum geht, seine Position als globale Weltmacht zu verteidigen.

Zurück zum NATO-Russland-Rat. Natürlich gibt es hier nicht wirklich etwas Substantielles zu verhandeln. Der INF-Vertrag ist tot. Das Imperium ist mit windigen „Argumenten“ ausgestiegen: Die russische Iskander-Kurzstreckenrakete habe angeblich eine rößere Reichweite als die zulässigen 500 Kilometer. Beweise: keine, dafür aber Schuldzuweisungen. Das Imperium hat INF platzen lassen – aber Russland soll schuld sein. Diese Botschaft neu unter das Volk zu bringen wurde denn auch der NATO-Russland-Rat reanimiert und der notorisch antirussische Lautsprecher der US-Generäle, der norwegische Sozialdemokrat Jens Stoltenberg, konnte die bekannten „Konsequenzen“ androhen, „wenn sie (die Russen) den Vertrag brechen“.

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"Der Russe war’s – wie immer", UZ vom 12. Juli 2019



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