Zur Volksabstimmung in Dänemark über die EU-Militärallianz

Der Norden formiert sich

Der Konflikt in der Ukraine hat eine morbide Attraktivität für manche Zeitgenossen. Zuletzt wollten Schweden und Finnland unbedingt Mitglied des mittlerweile global agierenden Kriegsbündnisses NATO werden. Nun hat Dänemark nach 30 Jahren die Zusammenarbeit mit den militärischen EU-Strukturen wieder aufgenommen. Die sozialdemokratische Regierung von Mette Frederiksen konnte bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit von 66,9 Prozent für dieses Vorhaben organisieren. Wie nahezu überall ist auch die Sozialdemokratie in Dänemark ein engagierter Unterstützer des faschistisch durchsetzten Kiewer Selenski-Regimes.

Dänemark ist mit seiner Bevölkerung von 5,8 Millionen Menschen und einer Armee von weniger als 20.000 Soldaten nicht gerade eine militärische Großmacht. Auch die Ankündigung der Frederiksen-Regierung, US-amerikanische Anti-Schiffs-Raketen „Harpoon“ an Kiew liefern zu wollen, wird den Zusammenbruch der ukrainischen Kräfte nicht aufhalten. Aber mit Grönland, der nördlichsten Landfläche der Erde, verfügt das NATO-Gründungsmitglied Dänemark über Positionen von herausragender strategischer Bedeutung. Die in den 1950er Jahren auf Grönland errichteten US-Stützpunkte verkürzten die Distanz zur Ausspionierung und atomaren Bedrohung der Sowjetunion und Russlands um die Hälfte.

Der voll ausgebrochene Machtkampf des US-Imperiums gegen die als Herausforderer begriffene Volksrepublik China und das mit ihm immer stärker verbündete Russland hat das Nordpolarmeer zu einem Raum von strategischer Bedeutung werden lassen. Der Klimawandel hat die Nutzung der Nordost-Passage, die Verbindung Europas mit Asien, zum ersten Mal auch ohne Eisbrecherhilfe möglich gemacht. Die Nordost-Passage ist Teil der Eis-Seidenstraße der chinesischen Belt and Road Initiative. Gleichzeitig werden im Nordpolarmeer enorme Bodenschätze vermutet, deren Förderung nun auch erstmals möglich sein könnte. Dänemark ist eines der acht Mitglieder des Arctic Council, einer Institution, welche sich mit den Angelegenheiten des nördlichen Polarkreises befasst, und bekommt auch dadurch für den „kollektiven Westen“ zunehmende Bedeutung. Ob die Verkettung des Landes mit den zunehmend militarisierten EU-Großmachtinteressen für die Region und ihre Menschen ein Segen ist, darf allerdings bezweifelt werden.

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"Der Norden formiert sich", UZ vom 10. Juni 2022



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