Mit den Protesten im Frühjahr 2011 begann in Daraa der Krieg um Syrien. Hier übernahmen sogenannte gemäßigte Dschihadisten für Jahre die Kontrolle über einen Teil der Stadt und des Umlands. Daraa ist Grenzstadt und die Dschihadisten wurden aus dem nahegelegenen Jordanien unterstützt. Mit der Offensive der syrischen Armee kehrte jetzt der Krieg an seinen Ausgangsort zurück. Der türkische Außenamtssprecher Hami Aksoy kritisierte die Angriffe als „unmenschlich“.
Der Süden Syriens – von den von Israel besetzten Gebieten bis hin nach Daraa – ist das letzte Gebiet Syriens außer Idlib, das in Teilen noch immer unter Kontrolle von Dschihadisten jeglicher Couleur steht. Einheiten der sogenannten FSA erhalten Unterstützung von einem „Military Operations Center“, das die USA in Jordanien betreiben. Je nach militärischer und politischer Konjunktur konkurrieren „gemäßigte Dschihadisten“ mit al-Nusra – oder arbeiten mit ihr zusammen.
Im Rahmen des Astana-Prozesses, der Zusammenarbeit der Türkei, Russlands und des Iran, wurde Daraa Teil einer Deeskalationszone. Später beteiligten sich auch die USA gemeinsam mit Jordanien an dieser Deeskalationszone und bezeichneten sich als Garantiemacht des Waffenstillstands.
In allen internationalen Beschlüssen hieß es immer wieder: Ein Waffenstillstand gilt nicht gegenüber al-Nusra und anderen terroristischen Organisationen. Al-Nusra ist in Daraa aktiv und hat dort seine Kräfte zunehmend verstärkt. Dennoch war die militärische Situation in Daraa lange Zeit relativ ruhig. Die syrische Armee hatte andere Prioritäten als den Kampf um eine staubige Provinzhauptstadt an der Grenze zu Jordanien.
Erst nachdem die Dschihadisten aus dem Umland von Damaskus vertrieben waren, rückte Daraa in den Fokus. Große Armeeeinheiten wurden dorthin verlegt. Das Ziel der militärischen Drohung war zunächst, die gemäßigten Kräfte von den Hardlinern zu trennen. Das war durchaus erfolgreich. Es gab eine Reihe von Orten, wo Versöhnungsabkommen zwischen Regierung und lokalen Komitees geschlossen wurden. Viele lokale Kämpfer ergaben sich der Armee. In Bosra übergaben sie ihre schweren Waffen an die Armee, können aber zunächst für drei Monate die Stadt kontrollieren.
Die drohende Offensive hatte die USA auf den Plan gerufen. „Wir warnen das Regime vor allen Aktionen, die den Waffenstillstand in Frage stellen“, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, Ende Mai. Und sie drohte mit „entschiedenen und angemessenen Maßnahmen“ gegen jede Verletzung des Waffenstillstands.
Die USA ließen ihren Drohungen gegen die syrische Offensive keine Taten folgen, im Gegenteil. Wie die „New York Times“ berichtet, dürften die „gemäßigten Dschihadisten“ nicht auf Hilfe der USA hoffen. Ob es – wie saudische und israelische Quellen behaupten – zu einem Deal zwischen Israel und dem russischen Militär kam, lässt sich nicht verifizieren.
Mittlerweile wurden die Verhandlungen zwischen dem russischen Militär und den Dschihadisten der FSA wieder aufgenommen – sie sollen sich den Versöhnungsabkommen anschließen.