Die Türkei interveniert in Libyen

Der Kreis schließt sich

In den letzten Tagen hat die Libysche Nationalarmee unter dem Kommando von General Haftar – mit stiller Unterstützung Russlands – Erfolge gegen die international anerkannte Regierung der nationalen Einheit unter Fayiz as-Sarradsch erzielt und nähert sich sowohl der Hauptstadt Tripolis als auch der Stadt Misrata. Große mediale Aufmerksamkeit erlangte ein Luftangriff auf eine Militärschule, bei dem mindestens 28 Militäranwärter getötet wurden.

Die 35 türkischen Soldaten, die seit kurzem in Libyen stationiert sind, werden daran nichts ändern. Doch mit dem offenen Eintreten für Ministerpräsident Sarradsch konnte die Türkei ihre eigene Position in dem Konflikt stärken – und mit Russland einen Waffenstillstand vereinbaren, dem Sarradsch und Haftar mittlerweile zustimmten.

Schon lange hat die Türkei in Libyen Partei ergriffen und die Regierung Sarradsch mit Waffen und Logistik unterstützt. Anfang des Jahres erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu, militärische Experten und technische Teams würden die international anerkannte Regierung unterstützen. In die Kämpfe selbst würden sie nicht eingreifen.

Darüber hinaus hat sich auch ein Kreis geschlossen. Zu Beginn des Krieges gegen Syrien 2011 organisierte die Türkei den Transport von Waffen und Dschihadisten aus Libyen nach Syrien. Jetzt geht es den umgekehrten Weg. Dschihadisten von Gruppen, die mit der Türkei zusammenarbeiten werden aus Syrien nach Libyen gebracht und kämpfen dort in den Milizen der Regierung.

Libyen war einmal das reichste Land Afrikas. Davon ist in der Folge des NATO-Angriffes im Jahr 2011 nichts übriggeblieben. Eine Million Libyer sind geflohen, eine weitere Million benötigt Unterstützung. Es fehlt an funktionierender Infrastruktur und häufig an einfachen Bedarfsgütern.

Eine politische Lösung der Konflikte ist noch nicht in Sicht. Doch immerhin haben die Türkei und Russland als internationale Unterstützer von zwei der kämpfenden Parteien einen Waffenstillstand vereinbart. Ähnlich wie gegenüber Syrien halten sich auch in Libyen geteilte und gegensätzliche Interessen der beiden Länder die Waage, so dass sie sich auf eine gemeinsame Politik verständigen konnten. Doch anders als in Syrien, wo die Türkei aufgrund ihrer geographischen Nähe, ihrer militärischen Stärke und der Zusammenarbeit mit den Dschihadisten das Abkommen mit Russland zu ihren Gunsten auslegen kann, ist ihr Einfluss in Libyen schwächer. Der Waffenstillstand trat am 12. Januar in Kraft und wurde vorerst eingehalten. Offiziell soll er von Vertretern beider Seiten in Moskau unterschrieben werden.

Die Bundesregierung fühlt sich berufen, zu einer Friedenskonferenz einzuladen und wird dabei vom russischen Präsidenten unterstützt. Die Konferenz soll unter der Ägide der UN in wenigen Wochen in Berlin stattfinden. Libyen gilt als Schlüsselland für Migration aus Afrika. Für die Bundesregierung und die EU geht es wohl darum, dass die Aktivitäten der libyschen Küstenwache nicht unterbrochen werden dürfen. Sie greift zehntausende Flüchtlinge auf und bringt sie in Lager. Europas Grenzen sollen dicht bleiben.

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"Der Kreis schließt sich", UZ vom 17. Januar 2020



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