Der „Bildungsgipfel 2023: Chance Bildung“, der am 14. und 15. März in Berlin stattfand, stand bereits vor Beginn unter massiver Kritik. Die Union bezeichnete ihn als „Schauveranstaltung“, zu schlecht organisiert und nicht ausreichend mit den Landesbildungsministerien abgesprochen. Dabei wollte die Ampel mit dem Bildungsgipfel laut Koalitionsvertrag eine „neue Kultur in der Bildungszusammenarbeit“ ausrufen, bei der sich „Bund, Länder, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über neue Formen der Zusammenarbeit und gemeinsame ambitionierte Bildungsziele verständigen“. Angesichts der Probleme im Bildungsbereich ist das ein wichtiges Anliegen, denn seit Jahrzehnten leiden Lehrerinnen und Lehrer, Lernende und Eltern unter Personal- und Ausstattungsmangel, der zu einer massiven Diskriminierung von armen Familien führt und das allgemeine Bildungsniveau gefährdet.
Trotzdem stieß der Bildungsgipfel weitgehend auf Desinteresse der politisch Verantwortlichen. Nicht gekommen waren 14 der 16 Landesbildungsminister, lediglich die Schul- und Bildungssenatoren Hamburgs und Berlins fanden sich ein. Auch Kanzler Scholz glänzte durch Abwesenheit. Stattdessen übernahm Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Leitung des Bildungsgipfels.
Inhaltlich gab es nicht viel Neues. In ihrer Auftaktrede bemängelte Stark-Watzinger die nach wie vor bestehende massive soziale Schieflage im deutschen Schulsystem. Sie beklagte, dass 630.000 junge Menschen weder in Ausbildung seien noch arbeiten oder eine Schule besuchen. Lösungen bot sie nicht und auch der Verweis auf immer weniger angebotene Ausbildungsstellen fehlte. Nicht fehlen hingegen durfte die Erkenntnis, dass „in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland (…) gute Bildung die wichtigste Grundlage für Wachstum und Wohlstand“ sei. Kosten darf diese Grundlage aber möglichst nichts. Stark-Watzinger lehnte die Forderung nach einem „Sondervermögen Bildung“, mit dem der Investitionsstau von 45 Milliarden Euro im Bildungsbereich bekämpft werden könne, ab. Bildung koste zwar Geld, so Stark-Watzinger, „aber Geld allein wird die Probleme nicht lösen“. Gegen die Bildungsmisere helfe hingegen weniger Bürokratie und mehr Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.
Ähnlich hatte sich bereits der ehemalige sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) geäußert, der schon zum letzten Bildungsgipfel im Jahre 2008 schrieb, dass „gute Bildung“ Geld koste, „aber Geld allein kein Garant für Qualitätsentwicklung“ sei. Einen Beleg für diese Behauptung blieben sowohl Tillich als auch Stark-Watzinger schuldig. Wahr ist hingegen, dass bildungspolitisch erfolgreiche Länder wie Schweden oder Kanada im Vergleich zu ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) mehr Geld für Bildung ausgeben. Dabei hatte man sich schon vor 15 Jahren das Ziel gesetzt, bis 2015 die Ausgaben für Bildung und Forschung auf mindestens 10 Prozent des nationalen BIP anzuheben. Doch anders als bei der Rüstung fühlten sich die Regierenden hier nicht an die selbstgesteckten Ziele gebunden. Bis heute wurde das 10-Prozent-Ziel nicht erreicht.
Im Anschluss hielt der Berliner Pädagogikprofessor Hans Anand Pant einen Impulsvortrag zum Thema „Welche Bildungsgerechtigkeit wollen wir?“. Es folgten verschiedene Diskussionsveranstaltungen unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Eltern und Lernenden, die aus ihrer Sicht die bekannten Probleme im Bildungssystem benannten und Lösungen skizzierten. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die Probleme im Bildungssystem schnell und nachhaltig gelöst werden müssten. Die Politik erhielt einen klaren Handlungsauftrag. Doch selbst wenn die dort geforderten Reformen umgesetzt würden, würde dies nicht ausreichen. Schon kurz nach dem Bildungsgipfel gab es Kritik unter anderem von der Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern. Sie kritisierte die Fokussierung des Bildungsgipfels auf die Schule. Auch in anderen Bildungsbereichen wie der Hochschulbildung oder der frühkindlichen Betreuung bestehe großer Handlungsbedarf.