Innerhalb Syriza und mit den Gläubigern: Weiter verhandeln

Der finale Kompromiss

Von Olaf Matthes

Am 20. Februar, knapp einen Monat, nachdem die Syriza-Anel-Koalition an die Regierung gekommen war, einigte sie sich mit den Gläubigern auf eine Verlängerung des bisherigen „Hilfsprogramms“. Während die Syriza-Linke gegen diese Einigung protestierte, hob der damalige Finanzminister Varoufakis die Vorzüge hervor: Die Zusagen der Regierung seien von „konstruktiver Mehrdeutigkeit“ geprägt, da könne man eine Menge hineininterpretieren. Das konnten allerdings auch die Gläubiger, und der Druck der Schulden entschied am Ende darüber, welche Interpretation sich durchsetzte.

Nun gibt es eine Einigung zwischen Griechenland und den Gläubigern, die nicht nur von Linken als Erpressung und als Putsch bezeichnet wird. Der neue Arbeitsminister Georgios Katrougalos hebt im Interview mit der französischen „Humanité“ die Vorzüge hervor: Was günstig sei, „das ist die Sprache dieses Abkommens, das vollkommen auslegbar ist.“ Die griechische Regierung hat sich zwar zur Durchführung weiterer gegen die breite Bevölkerung gerichteten Maßnahmen verpflichtet, aber offiziell wird jetzt erst richtig über ein weiteres „Hilfsprogramm“ verhandelt. Arbeitsminister Katrougalos erklärt noch immer, dass in diesen Verhandlungen positive Ergebnisse erzielt werden könnten – „es muss also weiter an einem finalen Kompromiss gearbeitet werden“.

Katrougalos war zum Arbeitsminister ernannt worden, weil sein Amtsvorgänger den Energieminister Panagiotis Lafazanis ersetzen sollte. Der – einer der Köpfe des linken Flügels von Syriza – hatte, wie insgesamt 32 Syriza-Abgeordnete, im Parlament gegen die Einigung mit den Gläubigern gestimmt. Ministerpräsident Tsipras bildete daraufhin sein Kabinett um und entfernte eine Reihe linker Kritiker seines Kurses aus der Regierung.

Lafazanis lehnt zwar das neue „Hilfsprogramm“ für Griechenland ab. Er erklärt aber nach wie vor, die Regierung und die Regierungspartei zu unterstützen. Er wolle, so berichtet die Zeitung „To Vima“, damit die „Einheit der Partei“ auch in der „Vielfalt der Meinungen“ sichern.

Diese Vielfalt gehört zu Syriza, die Partei versteht sich als eine pluralistische Kraft, als Sammlung ganz unterschiedlicher linker Strömungen und Auffassungen. Nun ist Syriza an der Regierung, die gesellschaftlichen Widersprüche spitzen sich zu und aus unterschiedlichen Meinungen werden unterschiedliche politische Orientierungen, deren Gegensätze sich auf den ersten Blick kaum miteinander vereinen lassen. Während Tsipras sich der Erpressung der Gläubiger beugte, um Griechenland im Euro zu halten, hält ein Teil der Syriza-Linken einen Grexit mindestens für ein kleineres Übel. Die Vertreter der Linken Plattform argumentieren, dass ein Grexit weniger katastrophale Folgen hätte als oft behauptet, dass er die Grundlage für eine wirtschaftliche Erholung legen könne. Während die Regierung verspricht, innerhalb der Eurozone eine einfache Lösung gegen die massenhafte Verelendung der griechischen Bevölkerung finden zu können, hofft die Syriza-Linke auf eine einfache Lösung durch einen Grexit.

Auch innerhalb der Partei geht es darum, einen Kompromiss zwischen den Strömungen auszuhandeln. Die Rolle der Syriza-Linken besteht dabei darin, die vor einigen Monaten beschlossenen „roten Linien“ der Regierungspolitik zu verteidigen, während diese in der Praxis schon kaum mehr eine Rolle spielen. Dabei gewinnt sie an Unterstützung – in der vergangenen Woche unterschrieben 109 der 201 Mitglieder des Syriza-ZK eine Erklärung, nach der die Einigung mit den Gläubigern mit „linken Werten und Idealen“ und „mit den Bedürfnissen des Volkes“ nicht vereinbar sei. „Dieser Deal kann weder vom Volk noch von den Funktionsträgern der Syriza akzeptiert werden.“ In der Meinungsvielfalt innerhalb der Partei hatte jedoch die Entscheidung der Minister und der Abgeordneten ein größeres Gewicht.

Am vergangenen Mittwoch sollte das griechische Parlament die nächste Runde der von den Gläubigern geforderten Maßnahmen beschließen, im Vorfeld wurde darüber spekuliert, ob die Zahl der Abweichler in der Syriza-Fraktion noch weiter steigen könnte. Mit diesen Maßnahmen hat die griechische Regierung von den EU-Staaten eine erste „Hilfszahlung“ erkauft, die nur dazu dient, fällige und überfällige Kredite bei IWF und EZB zu bedienen. Im Gegenzug setzte die Regierung die ersten der geforderten „prior actions“ um: Seit Montag sind die neuen Sätze für die Mehrwertsteuer in Kraft. Viele Produkte und Dienstleistungen, auch viele Lebensmittel, sind nun 9 Prozent teurer.

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"Der finale Kompromiss", UZ vom 24. Juli 2015



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