Vor zwanzig Jahren, am 23. Februar 1997, starb – 87-jährig – Kurt Bachmann. Von 1968 bis 1972 war er Vorsitzender unserer Partei und danach Mitglied des Präsidiums der DKP.
Wie die meisten unserer älteren Genossinnen und Genossen füllt die Biographie des Genossen Kurt Bachmann eigentlich viele Seiten. Als Anreiz, sich mit seiner Biographie zu beschäftigen, hier nur ein kleines und bewusst einseitiges Porträt.
Kurt Bachmann trat 1968 „ins volle Rampenlicht“ der bundesdeutschen Presse. Seine Person ist seit 1968 verbunden mit der Neukonstituierung einer kommunistischen Partei in der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Kommunistischen Partei. In einem Staat, in dem die KPD sei 1956 verboten ist. „Er ist groß und wirkt doch unscheinbar, seine Züge sind scharf geschnitten und verraten gleichwohl kein Profil. Unauffälligkeit ist das auffälligste Merkmal dieses Kommunisten, (…). Hinter ihm liegt eine Funktionärskarriere, satt an menschlichen Belastungen, doch ohne Höhepunkte“, behauptete der „Spiegel“ (17/1969).
Manche Journalisten lernten und lernen es nie, dass Menschen, die sich nicht lärmend verkaufen, ihr eigenes, besseres Profil haben (können). Zu Kurt Bachmann gehören dazu erstens seine Biographie und zweitens seine Positionen als Antifaschist.
Zu seiner Biographie: Kurt Bachmann wurde am 23.6.1909 in Düren geboren. Sein Vater war Handgerber, Gewerkschafter und Kriegsgegner. Nach der Lehre als Ledersortierer in Köln, arbeitete Kurt ab 1928 in einer Gerberei in Luxemburg. Er trat 1929, gemäß seiner Familientradition, in die Gewerkschaft ein und wurde fristlos entlassen, als er sich für gewerkschaftliche Forderungen der Belegschaft einsetzte. Sein Eintritt 1932 in die KPD bedeutete bald Illegalität. Er übernahm im Neusser Hafen von holländischen Rheinschiffern Flugblätter der KPD, verteilte Flugblätter in Köln, schrieb Losungen an Mauerwände, organisierte marxistische Schulungskurse. 1936 heiratete er Alice, die 1942 zusammen mit ihm in Toulouse verhaftet, an die Gestapo ausgeliefert und in Richtung Osten deportiert wurde. Alice Bachmann wurde in Auschwitz umgebracht.
Kurt kam in die Konzentrationslager Johannsdorf, Radibor, Preiskretscham, Blechhammer, wo er Mitglied der jeweiligen illegalen Parteileitung wurde, und schließlich nach Buchenwald. Nach der Befreiung kehrte er nach Köln zurück. 1945 wurde er Herausgeber der „Volksstimme“, der Zeitung der Kölner KPD. Mit anderen Antifaschisten gründete er die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). In der KPD und auch nach dem Verbot der KPD 1956 arbeitete er für die Partei und war als Journalist für die antifaschistische Wochenzeitung „die tat“ tätig. Seine Tätigkeit als erstem DKP-Parteivorsitzenden kann man anhand der Parteitagsprotokolle nachvollziehen. Es lohnt sich. Nur eines dazu vom Genossen Kurt B.: „Ihre prinzipiellen Positionen, von der sie keinen Zentimeter abwich, halfen und erleichterten es gerade vielen jungen Menschen, sich in den harten, komplizierten Klassenauseinandersetzungen zurechtzufinden“. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Was ihn stets auszeichnete und anhand seiner Veröffentlichungen noch nachzuvollziehen ist, war seine theoretische und praktische antifaschistische Arbeit. Für Kurt Bachmann ist ein Kommunist selbstverständlich Antifaschist. Aber was ist ein „Antifaschist“? Ein Antifaschist, der nur die radikale Erscheinung bekämpft und nicht die gesellschaftlichen Wurzeln der Neonazis und des Faschismus bekämpft, bleibt auf halber Strecke stehen. Kurt machte, angesichts der Wahlerfolge der NPD Ende der 1960er Jahre, nochmals deutlich: „Der Neofaschismus erfüllt im System der Herrschenden eine ganz bestimmte Funktion: er dient als Auffangbecken für Unzufriedene, als Stoßtrupp für die Verbreitung nationalistischer Ideologien und innenpolitischer Diffamierungs- und Terrorkampagnen sowie als Alibi und Tarnmantel für die eigene nationalistische Politik der Herrschenden unseres Landes. (…) Da die Regierung ihre verfassungsmäßige Pflicht nicht tut, ist die Selbsthilfe der Arbeiter und aller Demokraten notwendig, um das Auftreten der Neofaschisten zu verhindern. Aber selbstverständlich kann der Kampf gegen den Neonazismus nicht auf die NPD beschränkt werden; er muss den ganzen politischen und gesellschaftlichen Hintergrund, aus dem heraus die Entwicklung des Neofaschismus überhaupt erst möglich ist, sichtbar machen, vor allem die faschistischen Tendenzen und die Rechtsentwicklung in der Regierungspolitik und den etablierten Parteien selbst.“
Er wusste auch, dass seine Position nicht so leicht von allen geteilt bzw. verstanden wurde. Geduldig hat er immer neu versucht zu erklären, zu überzeugen. Also nochmal: Antifaschist zu sein ohne an die gesellschaftlichen Wurzeln zu gehen, ist nur eine halbe Sache. Ein Kommunist, eine Kommunistin ist ein(e) konsequente(r) Antifaschist, Antifaschistin, weil sie den Faschismus an den gesellschaftlichen Wurzeln angreift, nicht nur ihre Organisationen, sondern ihre gesellschaftliche Rolle und Wirkung auf die Menschen. Dazu gehören soziale Kämpfe, aber auch Friedenskämpfe und der Kampf um die Verteidigung der Reste der bürgerlichen Demokratie und Solidarität. Hier könnte man auch das Modewort „Nachhaltigkeit“ einbringen. Klingt in der Verbindung mit Antifaschismus unmöglich. Aber was wäre der richtige Begriff für „Neonazis und Faschisten an ihren gesellschaftlichen Wurzeln zu bekämpfen“?
Was hat er uns hinterlassen? Welche seiner Aufgaben müssen wir heute noch erledigen? Den Kampf gegen Neonazis und Faschismus als Kommunisten zu verstärken und diesen Kampf vom „Protest zum Widerstand“ weiterentwickeln. Antifaschismus als Befreiungskampf war für ihn keine Wortspielerei. Echter Antifaschismus muss die Ursachen des Neonazismus und Faschismus beseitigen, also die Gesellschaft davon befreien. Das war für ihn ein zentrales Anliegen, das ich aus seinen Reden und Beiträgen als Aufgabe übernehme.
Noch etwas, die heute überall hängenden Bundeswehr-Werbeplakate erinnern mich an eine Aussage von ihm „(…) der Militarismus, früher symbolisiert durch die preußisch-junkerliche Offizierskaste, durch Drill und Kadavergehorsam in den extremen Formen, sucht heute sein wahres Gesicht hinter dem ‚Bürger in Uniform’ zu verbergen. Aber stärker noch als früher plant der Militarismus die totale Erfassung, die Wehrbereitschaft des ganzen Volkes.“