Auf dem Rücken der Busfahrer – EU-Mobilitätspaket droht

Der Erfolg von Flixbus

Von Manfred Dietenberger

Flixbus, das Flaggschiff des bundesdeutschen Fernbusmarkts, kommt aktuell trotz anhaltender Verluste auf über 90 Prozent Marktanteil. Von der Gründung des Unternehmens im Jahr 2013 bis Oktober 2017 nutzten 82 Millionen Menschen diese umsteigefreien Fernbusverbindungen zu Billigstpreisen.

Die niedrigen Preise erkauft sich Flixbus durch schlechte Arbeitsbedingungen. Dabei besitzt der deutsche Platzhirsch und mittlerweile auch Nummer Eins in Europa heute nur einen einzigen Bus, um rechtlich als Busunternehmen zu gelten. Das Unternehmen nutzt stattdessen dutzende Partnerfirmen, meist mittelständische Busunternehmen, die im Auftrag von Flixbus fahren. Den Sieg im Preiskampf auf dem Fernbusmarkt erkauft sich Flixbus auf dem Rücken der Fernbusfahrer. Sie müssen für wenig Lohn alles machen, vom Fahren, Kofferladen bis zum Verkauf von Getränken und Snacks.

Den weiteren Treibstoff für den Erfolg des Unternehmens liefert die EU: Im November 2017 veröffentlichte die EU-Kommission den zweiten Teil ihres „Mobilitätspakets“ für den europäischen Straßentransport. Das Paket hat nichts mit einer sozialen Dimension, aber viel mit Sozialdemontage zu tun. Der Schutz und die Bedürfnisse der Busfahrer spielen im Vorschlag der Kommission keine Rolle. Stattdessen sollen künftig LKW-Fahrer aus dem Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie herausgenommen und die wöchentliche Ruhezeit für Bus- , Reisebus- und LKW-Fahrer verkürzt werden.

Von der Profitlogik abgesehen, gibt es kein vernünftiges Argument, warum bei einer Entsendung im internationalen Straßentransport, die kürzer als drei Tage dauert, nicht der Mindestlohn, allgemeinverbindliche Tarifverträge und Urlaubsvorschriften des Ziellandes gelten sollen. Mit dieser Ausnahme von der Entsenderichtlinie wird dem Missbrauch Tür und Tor noch weiter geöffnet. Steht den LKW-Fahrern bisher nur alle zwei Wochen eine 48-stündige Unterbrechung zu, soll künftig in drei aufeinanderfolgenden Wochen die wöchentliche Ruhezeit auf 24 Stunden verkürzt werden können. Erst nach der dritten Woche hätten Fahrer ein Anrecht auf eine 45-stündige Ruhezeit. Die Fernfahrer müssten dann ohne echte Pause für noch weniger Geld noch länger fahren.

Zu den „Reform“-Vorhaben der EU-Kommission gehört nicht, endlich der menschenunwürdigen Praxis einen Riegel vorzuschieben, dass viele Fahrer über Monate in ihren LKW leben müssen. Deshalb lehnt der DGB all diese asozialen EU-Vorhaben entschieden ab.

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"Der Erfolg von Flixbus", UZ vom 26. Januar 2018



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