„Wer kann die Pyramiden überstrahlen? / Den Kreml, Sanssouci, Versailles, den Tower? / Von allen Schlössern, Burgen, Kathedralen / Der Erdenwunder schönstes war die Mauer. / Mit ihren schmucken Türmen, festen Toren. / Ich glaub, ich hab mein Herz an sie verloren.“ Der Dichterfürst Peter Hacks überhob in polemischer Absicht das längliche Bauwerk ins Ästhetische, praktisch-politisch erfüllte die Einfriedung immerhin 28 Jahre und 88 Tage lang ihren Zweck, der vielen erst nach seinem Einsturz deutlich wurde: Dann war der Weg frei für die Kriege des „glücklich wiedervereinigten Vaterlands“ und frei für den Abbruch demokratischer und sozialer Rechte. Am vergangenen Montag hatten die Medien wieder einen – höchst verschraubten – Anlass, dem Hacks vehement zu widersprechen, denn irgendein Fliegenbeinzähler hatte errechnet, dass an diesem Tag die Mauer genauso lange nicht mehr stand wie sie vorher stand. Bemerkenswert ist, dass der Kapitalismus auch in der Lage ist, Beton zu verdauen: 12,7 Millionen Berlin-Besucher zählte die Tourismusindustrie 2016, ohne eine Besichtigung der Mauerreste und der dort angesiedelten Touri-Melkanlagen geht das selten ab. „Der Kern unserer Marke ist die Stadt der Freiheit“, sagt der Geschäftsführer des Tourismusverbands Visitberlin. MI