Der FPÖ-Skandal und der normale Sozialabbau

Der Eisberg von Ibiza

Von Anne Rieger

„Das Ibiza-Video ist die Spitze des Eisbergs. Darunter verbirgt sich der Normalzustand einer von Konzern- und Lobbyinteressen bestimmten Politik, für die die arbeitenden Menschen die Zeche zahlen müssen“, so Elke Kahr, Stadträtin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) in Graz, zum Skandal um Wodka, Koks und illegale Parteienfinanzierung.

Heinz-Christian Strache und sein Leibfuchs Johann Gudenus in der Burschenschaft Vandalia, ansonsten Geschäftsführender Fraktionsvorsitzender der FPÖ im Nationalrat, mussten am vergangenen Wochenende zurücktreten.

ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte ob der Empörung im Land – auch bei Teilen der Herrschenden – die Koalition auf, vor allem um „Schaden“ von der ÖVP und sich selbst abzuwenden. Nun sind vorgezogene Neuwahlen – nach nur anderthalb Jahren Regierungszeit – für September angesagt. Ebenso werden im Burgenland, wo eine SPÖ/FPÖ-Koalition regiert, Wahlen vorgezogen, nicht aber in Oberösterreich, wo es eine ÖVP/FPÖ-Landesregierung gibt. Nach der angekündigten Entlassung von Innenminister Herbert Kickl und dem daraufhin angedrohten Rückzug aller FPÖ-Minister sollen diese bis zu den NEuwahlen von Experten ersetzt werden. Ob es zu einem Misstrauenvotum gegen Kurz kommt stand bei Redaktionsschluss am Dienstag noch nicht fest.

Am vergangenen Wochenende war von „Süddeutscher Zeitung“ und „Spiegel“ ein Video veröffentlicht worden, in dem der Vizekanzler der Republik Österreich und Chef der FPÖ, Strache, 2017 einer vermeintlichen russischen Millionärin gegenüber Staatsaufträge gegen Wahlkampfhilfe in Aussicht stellt. Das könne über einen Verein geschehen, der mit der Partei nichts zu tun habe, was illegale Parteienunterstützung gewesen wäre. Er nennt Namen von österreichischen Konzernen, die dort bereits eingezahlt hätten, die Firmen haben das dementiert. Strache wollte die größte Zeitung des Landes, die „Kronen Zeitung“, in russische Hände bringen, um auch so Wahlkampfunterstützung zu erhalten, den österreichischen Baukonzern Strabag von Staatsaufträgen ausschließen und Journalisten austauschen.

Die FPÖ wird vermutlich geschwächt, wird ihre 26 Prozent verlieren, zumal die „Kronen Zeitung“ bereits am Tag danach mit der Schlagzeile aufmachte „FPÖ am Ende“.

Aber die Koalitionspolitik wurde nicht von der FPÖ dominiert, sondern von Sebastian Kurz im Auftrag der Industriellenvereinigung, die FPÖ hat ihre Schuldigkeit getan. Nun werden andere willige Parteien zur Unterstützung der ÖVP gesucht. Das bestätigt am Samstag der Chef der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch. „Ein ausgeglichenes Budget, die Modernisierung der veralteten Arbeitszeitregelungen, die vorgesehenen Steuersenkungen oder die Reform der Sozialversicherung – in so kurzer Zeit so viel auf den Weg zu bringen war eine Leistung.“

Elke Kahr ruft zur gemeinsamen sozialen Alternative auf: „Wir werden immer wieder aufzeigen, dass diese Regierung einen Anschlag auf die arbeitenden Menschen beschlossen hat und neue Angriffe unter anderem auf soziale Bestimmungen im Mietrecht plant. Dafür sorgt nicht das Geld von russischen Oligarchen, sondern dafür sorgen die Industriellenvereinigung und Großspender aus Wirtschaft und Immobilienbranche. Jetzt ist ein Zusammenwirken aller sozial gesinnten Kräfte in unserem Land notwendig, um den Taschenspielertricks von Kanzler Kurz eine wirksame Alternative entgegenzusetzen. Die SPÖ ist dazu leider nicht mehr in der Lage, weil sie lieber mit den Mächtigen zusammenarbeitet als sich auf die Seite der Menschen zu stellen, denen es nicht so gut geht.“

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"Der Eisberg von Ibiza", UZ vom 24. Mai 2019



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