Die Entstehung der KPD in Dokumenten, Teil III
Der Weg zur KPD-Gründung beginnt mit dem Verrat von 1914: Die rechten SPD-Führer hatten den Kriegskrediten zugestimmt und verraten, was die internationale Arbeiterbewegung sich als Ziel, Programm und Strategie erarbeitet hatte. Nach der Trennung von den Opportunisten, der Gründung der kommunistischen Partei, sagte Rosa Luxemburg: „Wir sind wieder bei Marx, unter seinem Banner.“ Die Dokumente, die Stationen auf diesem Weg bilden, stellt „Unsere Zeit“ in vier Teilen dar.
Am Neujahrstag 1916 trifft sich der Kern der „Gruppe Internationale“. Unter den Teilnehmern finden sich Karl Liebknecht, Franz Mehring, Käte Duncker und das Ehepaar Thalheimer ebenso wie Linksradikale wie Knief und Lindau. Zentraler Diskussionspunkt ist das Verhältnis zur zentristischen Opposition in der SPD. Beschlossen werden die Grundsätze der Gruppe, die unter dem Namen „Die Lebensfrage des Sozialismus“ in den neu herausgegebenen „Politischen Briefen“ am 3. Februar 1916 veröffentlicht werden. Diese werden mit dem Pseudonym „Spartacus“ unterzeichnet. Die Gruppe wird fortan als „Spartakusgruppe“ bezeichnet. Mit der Einleitung wird, in Weiterführung von Rosa Luxemburgs „Krise der Sozialdemokratie“, der Grund für den Verrat der rechten Parteiführer gesucht. In einer Annäherung an Leninsche Positionen bestimmt man hier den Opportunismus nicht als individuelles Vergehen, sondern als Ergebnis einer falschen, nicht auf konkrete Entfaltung der Masseninitiative, auf unkonkrete Losungen und „ohnmächtige Ekstase statt Tatkraft“ setzenden Politik. Diese Einleitung wurde von der Redaktionsgruppe verfasst, die auf dem Treffen bestimmt wurde, sie bestand aus Karl Liebknecht, Julian Marchlewski, Käte Duncker, Franz Mehring und Ernst Meyer. Einige Autoren geben an, Liebknecht habe den Artikel „Die Lebensfrage des Sozialismus“ verfasst.
Im Kampf gegen den Krieg hatten die Linken in der deutschen Sozialdemokratie bisher stark ausgenutzt, dass Karl Liebknecht und Otto Rühle Abgeordnete des Reichstags waren. Im Januar 1916 schloss die SPD-Fraktion Liebknecht aus, Rühle verließ aus Solidarität die Fraktion. Die zentristische Opposition stellte sich gegen die Linken: Sie stellte aufgrund der klaren Haltung der Spartakusgruppe die Zusammenarbeit ein, Joseph Herzfeld, Adolph Hoffmann und Georg Ledebour verließen den Berliner Oppositionszirkel, in anderen Teilen des Reiches spielten sich ähnliche Szenen ab. Im Februar wurde die internationale Zusammenarbeit unter den Linken weiter vertieft, Bertha Thalheimer traf sich für die Spartakusgruppe in Bern mit Lenin, die Tagesordnung für die als zweite Zimmerwalder Tagung geplante, dann als Kienthaler Konferenz durchgeführte Tagung wurde besprochen.
Gegen „Weiberkram“ und Kriegsspiele
Für die frühen Jahre der Weimarer Republik zeigt die Statistik einen hohen Anteil Jugendlicher und Frauen an den Mitgliedern der jungen KPD. Beide Gruppen tendierten bereits in den Auseinandersetzungen der Vorkriegszeit zur Linken innerhalb der SPD. Die Frauen, weil sie sich, mit Clara Zetkin an der Spitze, nicht auf unpolitischen „Weiberkram“ zurechtstutzen lassen wollten, sondern im Kampf um ihre Rechte lernen wollten, wie Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein dort zu erkämpfen seien, wo die eigene Stimme tatsächlich zählt: in den Reihen der Arbeiterbewegung. Und die Jugend, weil beginnend mit den Positionierungen der Revisionisten und endend mit den Vorschlägen der „Zentralstelle für die arbeitende Jugend Deutschlands“ unter Leitung von Friedrich Ebert, man solle doch die Manöver- und Kriegsspiele der bürgerlichen Jugendvereine mitmachen und sich als wahrer Patriot erweisen, die Perspektiven, die die rechten Parteiführer zu bieten hatten, nicht sonderlich spannend waren. Für die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung wirkten dagegen Linke wie Clara Zetkin und Rosa Luxemburg unter den Frauen, Karl Liebknecht und Hermann Duncker unter der Jugend. Während des Krieges ging der SPD-Vorstand noch schärfer gegen Frauen und Jugendliche vor, die selbstständig aktiv werden wollten. Nur die Linken traten dafür ein, dass Frauen und Jugendliche eine selbstbewusste und eigenständige Rolle in der politischen Arbeiterbewegung spielten – gerade weil sie nicht ihren Frieden mit dem System gemacht hatten.
Im April 1916 trafen sich die Vertreter verschiedener sozialistischer Jugendgruppen, die allesamt aus der sozialdemokratischen Parteidisziplin ausgebrochen waren, in Jena. Karl Liebknecht referierte. Immer mehr und größere Gruppen der sozialistischen Jugendorganisationen spalteten sich von der „Zentralstelle“ ab und riefen zum Boykott der „Arbeiterjugend“ auf, die unter der Leitung der „Zentralstelle“ dafür sorgte, die Jugendlichen dem Imperialismus zu unterwerfen.
Zentristen gegen Rechts
Im März 1916 stimmen einige zentristische sozialdemokratische Abgeordnete gegen den Etat der Reichsregierung. Ihre Begründung: Es sei sozialdemokratische Tradition, gegen den Etat zu stimmen. Eine prinzipielle Auseinandersetzung mit der Reichsregierung haben sie damit abgelehnt. Die rechtssozialdemokratische Mehrheit der SPD schließt die Zentristen daraufhin aus der Reichstagsfraktion aus. Die Ausgeschlossenen gründen die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft. Hugo Haase legt als deren Vorsitzender sein Amt als Parteivorsitzender der sozialdemokratischen Partei nieder. Er fordert Liebknecht, Rühle und andere zur Mitarbeit auf. Karl Liebknecht verfasst – nach Absprache mit den Mitgliedern der Spartakusgruppe vor allem in Berlin – die Antwort: Sobald sich die Gruppe ein revolutionäres Programm gebe und reale revolutionäre Massenaktionen gegen den Krieg organisiere, seien er und die Mitglieder der Spartakusgruppe dabei. Eine Antwort bleibt aus.
Die Spartakusgruppe setzt ihre Arbeit fort: Grundeinheiten der SPD sperren den Sozialchauvinisten in Vorstand und Fraktion die Beiträge, die Jugend organisiert Antikriegsdemonstrationen und am 1. Mai 1916 sammeln sich die Kriegsgegner auch in Berlin. Liebknecht beginnt seine Rede mit dem Ruf: „Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“, die Polizei verhaftet ihn. Die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft beschränkt sich weitgehend auf parlamentarische Aktionen, führt aber im Januar 1917 eine gemeinsame Beratung mit den Linken durch. Die rechten Sozialdemokraten versuchen weiterhin, jede Opposition links von der Parteilinie auszuschließen.
Durch die bürgerlich-demokratische Februarrevolution in Russland 1917 erhalten die Kriegsgegner einen gewaltigen Schub. Die Ausgeschlossenen gründen im April 1917 in Gotha die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), in ihr arbeiten, unter dem Vorbehalt der weiteren Eigenständigkeit, auch die Mitglieder der Spartakusgruppe mit. Die Linksradikalen hingegen verurteilen dieses Zusammengehen und erklären ihren tiefen Widerspruch zur Positionierung der Spartakusgruppe. Sie ziehen die Gründung einer eigenen, revolutionären Partei vor.
Räte und Ratgeber
Anfang 1917 erklärt der Kaiser den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, die USA treten in den Krieg ein, es wird immer deutlicher, dass Deutschland den Krieg verlieren wird. Arbeiter streiken, in den Städten kommt es zu Hungerunruhen. Die Matrosen der kaiserlichen Flotte sind überwiegend qualifizierte und organisierte Arbeiter. Auf einigen Schiffen meutern sie – und sie bilden die ersten Räte. Die Wortführer der aufständischen Matrosen, Max Reichpietsch und Albin Köbis, werden verhaftet, von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und am 5. September 1917 erschossen. Der rechte SPD-Führer Friedrich Ebert wertet ihr Verhalten als „krassen Landesverrat“.
Die Antikriegsbewegung findet ihren Höhepunkt in den Januarstreiks 1918. Zum ersten Mal wird nicht nur mit sozialen (Hungerstreiks) oder ökonomischen (Lohnstreiks oder Streiks gegen die Einbehaltung eines Teils des Gehalts für Kriegsdienste, sogenannter Sparzwang), sondern mit einer politischen Losung gestreikt: Frieden. Der Streik schreckt die politische Führung auf, er organisiert große Teile der Arbeiterklasse und reißt selbst die Führung der USPD mit, sie muss für ihn Partei ergreifen. Friedrich Ebert äußert sich in der „Neuen Zeit“, schuld am Streik seien die überzogenen Kriegsziele der Alldeutschen, er empfahl, jetzt Frieden zu schließen, um die Arbeiter zu beruhigen. Kaiser und Oberste Heeresleitung wollten nicht auf ihren sozialdemokratischen Ratgeber hören.
Gegen die „Unwahrhaftigkeit der offiziellen sozialistischen Politik“: Karl Liebknecht spricht bei der Beisetzung von 16 Revolutionären, die konterrevolutionäre Truppen am 6. Dezember 1918 erschossen hatten. Rechts hinter ihm: Der Berliner Stadtkommandant Otto Wels (SPD), der die Schüsse befohlen hatte.