Gerade mal fünf Tage nach dem Attentat stellte der heutige Bundessprecher der „VVN – Bund der AntifaschistInnen“, Ulrich Sander, in der UZ die Frage nach dem Einzeltäter. Während die Bild-Zeitung und andere Verbindungen in die DDR zu sehen glaubten, verortet Sander den Attentäter in dem Dunstkreis von Hans Filbinger (1913 bis 2007), der zwei Jahre zuvor sein Amt als baden-württembergischer Ministerpräsident wegen seiner NS-Vergangenheit räumen musste, und des ehemaligen Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesinger (1904 bis 1988), und angeleitet von Karl-Heinz Hoffmann und dem späteren NPD-Bundestagskandidaten Axel Heinzmann (1946 bis 2018):
Ein Einzeltäter habe die zwölf Oktoberfestbesucher von München auf dem Gewissen. Was CSU-Innenminister Tandler bereits am Sonntag verbreitete, wird nach der Freilassung der „Hoffmann“-Banditen nun zur Lesart bürgerlicher Medien: der Einzelgänger Gundolf Köhler hat es gemacht, ein Irrer, wenn nicht gar ein vom Osten Gesteuerter. Keine antikommunistische Masche – in der Vergangenheit oft gestrickt – bleibt aus, wenn es darum geht, vom faschistischen Sumpf in diesem Land und von der Fürsorge abzulenken, die Neonazis durch Strauß, aber auch durch andere politische Kräfte hierzulande genießen.
Zunächst etwas zum Einzeltäter Köhler. Dass er zu den Toten zählt, wird von der Polizei als Unfall beim Ablegen der Bombe oder als gewolltes oder ungewolltes Attentat auf den Attentäter dargestellt: die „elektrisch-gezündete Bombe“ sei „zu früh gezündet“ worden (Generalbundesanwalt Rebmann laut dpa am 28. 9. 1980). Also muss da noch eine Gruppierung gewesen sein, worauf auch der Aufwand des Attentats und das „gelungene“ Alibi der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ hindeutete: Sie brauste mit einem Konvoi von Militärfahrzeugen auffällig durch Bayern.
Und dann ein Wort zum Einzelgänger Köhler. Der Attentäter war kein Eigenbrötler, wie man ihn jetzt darstellt. Seine politische Heimat war die rechteste Ecke der baden-württembergischen CDU des Herrn NS-Marinerichters Filbinger und des Goebbels-Mitarbeiters Kiesinger. Heimat war dem Sohn des ehemaligen stellvertretenden CDU-Vorsitzenden von Donaueschingen auch die Wehrsportgruppe Hoffmann, zu der er seit der Schulzeit und während der Soldaten- und Studentenzeit Kontakt hatte. Dort erhielt er seine technische Ausbildung. Heimat war ihm schließlich der Kreis um den rechtsradikalen Hochschulring Tübinger Studenten (HTS) und Axel Heinzmann, der auch CDU-Stadtratskandidat und Gründer eines Freundeskreis der CSU war. Seine Versammlungen besuchte Gundolf Köhler. Im Frühjahr dieses Jahres standen Hoffmann von der Wehrsportgruppe und CSU-Freund Heinzmann in Tübingen vor Gericht, weil sie gemeinsam als Schläger und Terroristen gegen demokratische Kräfte hervorgetreten waren. Köhler, Student in Tübingen, bekräftigte dabei seine Bindungen an beide.
Der „Einzelgänger und „Einzeltäter“ – die Version soll die Schuld der Behörden und der Bonner Parteien am Nazi-Terror verwischen und die Querverbindungen der CDU und CSU zu alten und neuen Nazis verschleiern. Wenn der sinnlose Tod von München eines lehrt, dann dies: der braune Sumpf muss trockengelegt werden.
Reaktion der DKP
Der damalige DKP-Vorsitzende Herbert Mies (1929 bis 2017) sagte am Wochenende direkt nach dem Anschlag: „Im Namen der DKP verurteile ich mit Abscheu den Sprengstoffanschlag auf dem Münchner Oktoberfest. Wir Kommunisten nehmen Anteil an dem Schmerz der Angehörigen der Opfer dieser schändlichen Tat. Wir geben der Erwartung Ausdruck, dass dieses Verbrechen bald aufgeklärt wird.“