Thomas Bach als IOC-Präsident

Der deutsche Olympier

Von Klaus Huhn

Mit Thomas Bach wurde bekanntlich 2013 zum ersten Mal in der olympischen Geschichte ein Deutscher zum Präsidenten des IOC gewählt. Das ist keine Neuigkeit, führt aber zu der logischen Frage, welche Rolle er in seiner bisherigen Amtszeit spielte? Die Frage ist schon deshalb von Belang, weil unter den 17 Deutschen, die vor ihm Mitglieder dieses Komitees waren, Kriegsverbrecher wie der Generalfeldmarschall Reichenau waren, der den Befehl von Babyn Jar gegeben hatte, an zwei Tagen in Russland 33 000 Juden zu ermorden. Dass das bundesdeutsche NOK sich nie von ihm gebührend distanzierte, soll bei dieser Gelegenheit nicht verschwiegen werden.

Olympia war bekanntlich 1896 nicht nur als Sportfest sondern auch als gravierender Schritt zum Weltfrieden ins Leben gerufen worden. Unter den deutschen IOC-Mitgliedern waren allerdings nur wenig Pazifisten. Der IOC-Mitbegründer Willibald Gebhardt war sogar 1909 wegen seiner pazifistischen Haltung durch einen General ersetzt worden. Seine Rolle wurde erst in der DDR wieder gewürdigt. Auch die beiden DDR-Repräsentanten Schöbel und Heinze haben sich oft genug für den Weltfrieden engagiert. Der Bundesbürger Willi Daume hat sich durch seine von den bundesdeutschen Medien wüst attackierte Teilnahme an der Sport-Friedenskundgebung 1983 in der Dortmunder Westfalenhalle auch deutlich zum Frieden bekannt. Mithin: Nur eine Minderheit deutscher IOC-Mitglieder waren engagierte Kriegsgegner, ganz zu schweigen von denen, die die Nazi-Spiele 1936 unterstützten. Bachs Präsidenten-Vorgänger – ein Grieche, ein Franzose, zwei Belgier, ein Schwede, ein US-Amerikaner, ein Ire, und ein Spanier mühten sich in der Mehrzahl, Olympia und die Bemühungen um den Frieden als Einheit zu bewerten.

Nun agiert also ein Deutscher an der Spitze dieses Komitees! Von ihm waren bislang kaum energische Bekenntnisse für den Frieden zu hören. Im Vordergrund seines Engagements standen schon vor seiner Wahl vor allem Finanzen. 2008 war er ins Gerede geraten, als bekannt wurde, dass er seit der Jahrtausendwende einen Beratervertrag mit der Firma Siemens hatte, der damals mit 400000 Euro vergütet worden sein soll und ihm dazu noch Fabel-Tagesspesen von 5 000 Euro eintrugen. Das wurde auch deshalb kritisiert, weil Überschneidungen von Sport und Kommerz unübersehbar waren. Das geriet in Erinnerung, als dieser Tage das „Olympia-Rennen“ um 2024 gestartet wurde. Bach: „Ab heute sind Budapest, Hamburg, Los Angeles, Paris und Rom Kandidatenstädte und befinden sich im Wettbewerb“.

Zur Frage nach den aus seiner Sicht notwendigen Änderungen der Bewerbungen und deutlicherer Distanz des Präsidenten zu olympischen Finanzbestrebungen fiel Bach nicht allzu viel ein. Ganz zu schweigen von seiner Haltung zur Sinnesart – präzise: der Ideologie – Olympias. Darüber verlor er nämlich kaum ein Wort. Allein wenn es um die Finanzen ging, reagierte er. So wusste er aus dem Kopf, dass für die Stadt, die die Spiele 2024 veranstalten würde, jetzt schon 1,7 Milliarden Dollar aus den weltweiten Vermarktungserlösen des IOC zur Verfügung stehen.

In der letzten Ausgabe der UZ war ausgiebig von den Disputen in Hamburg über Olympia oder nicht die Rede gewesen. Müssten Bach – und auch Hamburg – nicht vor allem fordern, wie olympisch diese Spiele sein sollen, statt pausenlos die Geld-Frage zu stellen? Als Berliner gestatte ich mir zu erwähnen, dass die auf dem Schönefelder Flughafen verschleuderten Milliarden gereicht hätten, zwei Olympische Sommerspiele zu veranstalten.

Bach wusste auch nur wenig zu den olympischen Ideen, aber verblüffend viel zu dem Thema zu sagen, ob ein Land im gleichen Jahr Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele veranstalten könnte. Zitat aus einer Zeitung: „IOC-Präsident Bach behauptete zudem erneut, Deutschland könne sowohl die Fußball-Europameisterschaft im Juni 2024 als auch einige Wochen später die Olympischen Sommerspiele austragen. Niemand hat Zweifel daran, dass die Deutschen dazu in der Lage wären“, sagte er. Bliebe allerdings die Frage was den IOC-Präsidenten das wohl angeht?

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"Der deutsche Olympier", UZ vom 13. November 2015



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