Juniorpartner im herrschenden Block

Der Aufstieg der Grünen

NATO-Hörigkeit, Russophobie, Doppelstandards der Grünen sind zu entlarven. Dabei sollten gleiche Maßstäbe gelten wie bei anderen bürgerlichen Parteien. Sonst kann man Anhänger der Grünen – das sind dummerweise viele – kaum überzeugen. Mit Parteispenden der Arbeitgeberverbände Südwestmetall und der Bayrischen Metall- und Elektroindustrie lässt sich eine besondere Nähe der Grünen zur Rüstungsindustrie nicht belegen, wie es in der UZ vom 5. März versucht wird. Beide Verbände spenden seit jeher an alle neoliberalen NATO-Parteien im Bundestag, außer an die AfD. An die CDU/CSU überwiesen sie in den letzten fünf Jahren allerdings vier bis fünf Mal so viel wie an FDP und Grüne. Der SPD gaben sie viel weniger, der Partei „Die Linke“ nichts. 2020 spendeten Kapitalistenverbände und Oligarchen der CDU/CSU 1,94 Millionen, der FDP 100.000, Grünen und SPD je 50.000 Euro. Das ist die übliche Gewichtung und Rangfolge in der Wertschätzung der Großbourgeoisie.

Parteispenden und/oder Bestechungen sind nur ein Hebel der Einflussnahme. Die ökonomisch herrschende Klasse übt die politische Macht über vielfältige Vermittlungsglieder aus. Sie kontrolliert Branchen-, Berufs- und Interessenverbände, finanziert Think-Tanks, Stiftungen, Netzwerke und Medien. Im bürgerlichen Parlamentarismus ist die Rolle der Parteien zentral. Parteien artikulieren die Interessen der verschiedenen Klassen und Schichten der Gesellschaft. Vermittelt über Parteien bindet das Monopolkapital nichtmonopolistische Klassen und Schichten an seine Politik. Die CDU entstand unter christlicher Flagge als Partei des wiederaufstrebenden deutschen Monopolkapitals, mit dem ihr Führungskern immer personell verbunden war. Kleinere bürgerliche Parteien saugte sie auf – bis auf die FDP. CDU und FDP hatten von vornherein den für Vertrauensleute der Großbourgeoisie nötigen „Stallgeruch“.

Auf Seiten der Arbeiterbewegung wurde die KPD verboten. Die SPD passte sich dem Kurs auf Westbindung und Remilitarisierung an. 1968 konstituierte sich die DKP. Der radikalere Teil der 1968er Bewegung teilte sich in eine an der DKP orientierte Strömung und die maoistischen K-Gruppen auf. In den 1980er Jahren gingen aus den „neuen sozialen Bewegungen“ die Grünen hervor. Die maoistischen K-Gruppen lösten sich in ihnen auf. Schon die Sozialpsychologie der K-Gruppen war durch Russophobie geprägt, die sich als „Antirevisionismus“ ausgab. Bei den Grünen ging diese Haltung nahtlos in eifernde NATO-Treue über und verstärkte sich ab 1989 durch DDR-Dissidenten. Die Grünen wurden umso „regierungsfähiger“.

In den 1980er Jahren beteiligten sich SPD und Grüne noch an der Friedensbewegung. Der NATO-Krieg der Schröder/Fischer-Regierung gegen Jugoslawien und die Agenda 2010 führten zur tiefgehenden Spaltung des demokratischen Potentials. Zugleich modernisierte sich die CDU unter Merkel, die all das von den neuen sozialen Bewegungen aufgriff, was mit den Interessen des Monopolkapitals vereinbar war. Ein progressives Image sollte die neoliberale CDU für die wachsenden urbanen Mittelschichten wählbar machen. Sie verlor dabei an Bindekraft nach rechts und die AfD entstand. Die Grünen aber etablierten sich als Partei der lohnabhängigen Mittelschichten. Ihre Wähler sind überwiegend Lehrer und viele akademisch gebildete Angestellte des Öffentlichen Dienstes. Ihre Hochburgen sind Universitätsstädte.

2021 soll es zur lange geplanten schwarz-grünen oder Jamaika-Koalition im Bund kommen. In ihr ist es die Aufgabe der Grünen, der von der CDU/CSU auch künftig angeführten Politik im Interesse des Monopolkapitals durch Einbindung der Mittelschichten eine Mehrheit in der Bevölkerung zu verschaffen. In dieser Rolle lösen sie die SPD als Juniorpartner der CDU/CSU ab. Welche Wirkung das transatlantische Gebell der Grünen auf die kommende Regierung hat, wird „Nordstream 2“ zeigen.

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"Der Aufstieg der Grünen", UZ vom 12. März 2021



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