„Hände weg von Russland und China“ war das Thema der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz

Den nächsten Krieg verhindern

Lenny Reimann

Auch in diesem Jahr sorgte die Corona-Pandemie für eine Reihe von Einschränkungen rund um das als Jahresauftakt der politischen Linken geltende Liebknecht-Luxemburg-Wochenende. So musste die ursprünglich als Präsenzveranstaltung geplante Rosa-Luxemburg-Konferenz (RLK) der Tageszeitung „junge Welt“ (jW) am vergangenen Samstag einmal mehr als Online-Format stattfinden, die laut Verlagsangaben von knapp 24.000 Menschen verfolgt wurde.

An der Konferenz, die in diesem Jahr unter dem Motto „Hände weg von Russland und China!“ stand, nahm auch der frühere Vorsitzende der britischen Labour Party teil. Jeremy Corbyn warnte vor einem „neuen kalten Krieg“, den man sich nicht leisten könne. Es sei daher „falsch“, NATO-Truppen vor der russischen Grenze zu stationieren. Die Solidarität gegen Kriege wachse weltweit. Es gehe im neuen Jahr darum, „die Botschaft des Sozialismus und der Solidarität voranzubringen“, so Corbyn, der sich erstmals im deutschsprachigen Raum zum Fall Julian Assange äußerte. Der in Großbritannien inhaftierte Wikileaks-Gründer sei dafür bestraft worden, dass er US-Kriegsverbrechen im Irak aufgedeckt habe. „Whistleblower werden zum Schweigen gebracht, das ist die Botschaft“, sagte Corbyn.

Die Themen Menschenrechte sowie Krieg und Frieden zogen sich auch wie ein roter Faden durch die Beiträge und Referate der Referentinnen und Referenten der RLK. Dmitri Nowikow, Stellvertretender Vorsitzender des ZK der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, erläuterte die aktuellen Imperialismusanalysen seiner Partei. Es gebe eine neue Etappe in der Entwicklung des Imperialismus, warnte er. Transnationale Konzerne griffen in die Souveränität vom Staaten ein. Das Kapital in einzelnen Staaten mache sich von ihnen abhängig. Die Globalisierung habe die Welt weder sicherer noch gleicher gemacht, so Nowikow.

Auch Fiona Edwards, Aktivistin der Kampagne „No Cold War“, der Journalist und politische Gefangene Mumia Abu-Jamal, der Aktivist Mike Africa jr. sowie die Soziologin Lucia Pradella aus London warnten vor der zunehmenden Kriegsgefahr. „Frieden in Europa und auf der Welt kann es nur mit und nicht gegen Russland geben“, konstatierte auch Franz Haslbeck, Aktivist des Anti-SiKo-Bündnisses, welches die Proteste gegen die diesjährige „Münchner Sicherheitskonferenz“ organisiert, die vom 18. bis 20. Februar stattfindet. Haslbeck rief zur Beteiligung an den Protesten gegen die SiKo auf, die am 19. Februar um 13 Uhr am Stachus in der bayerischen Landeshauptstadt unter dem Motto „Stoppt den Kriegskurs der NATO-Staaten“ stattfinden sollen.

Auch der in Kürze anstehende 50. Jahrestag des sogenannten Radikalenerlasses und der Prozess der jW gegen den Verfassungsschutz wurden auf der XXVII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin eingehend beleuchtet. Verlagschef Dietmar Koschmieder betonte, dass die Angriffe auf die jW ein Angriff auf die gesamte Linke dieses Landes sei. „Es geht darum, generell kritische Stimmen mundtot zu machen“, stellte er klar (siehe UZ vom 7. Januar).

Auf dem Jugendpodium der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) dominierte die Frage, wie der aktuelle Kriegskurs zurückgedrängt und die Rechte der Jugend verteidigt werden können. Marius Dornemann vom SDAJ-Bundesvorstand betonte, dass Forderungen der Bundesregierung immer Forderungen des deutschen Imperialismus seien. Es zeige sich bereits in den ersten Wochen, dass die neue Bundesregierung die Aufrüstung und Mobilmachung der NATO gen Osten fokussiere, warnte er.

Der scheidende kubanische Botschafter Ramón Ripoll Díaz rief bei der RLK zum Kampf gegen die US-Blockade auf, die Kuba einen Wirtschaftskrieg aufzwinge. Beim traditionellen Abschlusspodium der Konferenz, welches unter dem Motto „Wie wir den nächsten großen Krieg verhindern“ stand, warben Sören Pellmann (MdB, Die Linke), Horst Schmitthenner (ehemaliges Vorstandsmitglied der IG Metall), Andrea Hornung (Bundesvorsitzende der SDAJ), Martin Singe (Pax Christi) und die Schauspielerin Esther Zimmering für eine Stärkung der Friedensbewegung.

Nachdem Pellmann von Stefan Huth, dem jW-Chefredakteur und Moderator der Runde, auf politische Verwerfungen in der Partei „Die Linke“ angesprochen wurde und er die Frage aufwarf, inwiefern die „demokratischen Sozialisten“ die Friedensfrage schleifen wollen würden, stellte Pellmann klar, dass für ihn das Erfurter Programm seiner Partei Richtschnur der Positionierung in der Friedensfrage sei. Jedoch nehme er wahr, dass es parteiinterne Wortmeldungen gebe, die die „Axt an die Grundwerte“ legten.

Martin Singe betonte, dass die Kontakte zu Partei und Fraktion von „Die Linke“ für die Friedensbewegung „immer sehr wichtig“ gewesen seien. „Vor allem, weil wir Informationen erhalten haben und bei Anträgen, die die Linkspartei im Bundestag gestellt hat, mitwirken konnten, etwa bei Auslandseinsätzen oder der Aufrüstung der Bundeswehr.“ Ansonsten verstehe sich die Friedensbewegung „aber in erster Linie als eine außerparlamentarische Basisbewegung, die eben auf die Parteien im Parlament Druck ausüben will, dass sie ihre Kriegspolitik beenden“.

Hornung erinnerte daran, welchen Weg die SPD 1914 und die Grünen 1999 gegangen seien. Sie sagte dies deshalb, weil man „Die Linke“ in der Friedensbewegung als Kraft brauche. „Aber wenn im Parteivorstand diskutiert wird, ob man sich auf die Kritik der Rüstungsexporte beschränkt, wenn man sich hinter die NATO stellt, dann stellt man sich außerhalb der Friedensbewegung“, so Hornung.

Horst Schmitthenner warb dafür, die in der Gesellschaft vorhandenen Potentiale für die Friedensarbeit zu nutzen. Beim Irakkrieg 2003 sei der zivile Ungehorsam viel breiter wahrgenommen worden. Diese Aktionen gelte es zu verstärken, gleichzeitig müsse „die Bewegung in der Breite verankert werden“. „Dazu braucht es Öffentlichkeitsarbeit. In den Schulen muss dieses Thema viel stärker behandelt werden. Da haben wir riesige Informationsdefizite“, skizzierte er.

Weitere Informationen und Berichte gibt es hier.

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"Den nächsten Krieg verhindern", UZ vom 14. Januar 2022



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