Am 17. und 18. April traf sich der DKP-Parteivorstand zu seiner 5. Tagung, die erneut als Hybridveranstaltung statt. Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, referierte eingangs zu der verfehlten Pandemiepolitik der Bundesregierung, der wachsenden Kriegsgefahr und den Aufgaben der DKP im Bundestagswahlkampf. Im Folgenden dokumentieren wir sein Referat.
Wird „Brücken-Lockdown“ nun Wort oder Unwort des Jahres? Ist es der Sargnagel an Laschets Kanzlerambitionen? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen und tagtäglich neu erleben, ist, wie die Widersprüchlichkeit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sich im vielfachen Chaos des Umgangs mit der Pandemie widerspiegelt. Dabei ist es nicht nur der „einfache“ Grundwiderspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, der sich zum Beispiel darin zeigt, dass große Teile der Arbeiterklasse unter Kurzarbeit leiden – die sie selbst bezahlen – während sich Großkonzerne, wie Aldi, Lidl, DHL oder Amazon die Kassen vollstopfen. Diese Konzerne tun das im Großen, was einige Bundestagsabgeordnete mit Maskengeschäften im Kleinen getan haben. Letztere sind zwar darüber gestolpert – man darf sicher sein, sie fallen weich – über das Absahnen der Konzerne wird kaum diskutiert.
Das, was viele als Chaos empfinden, spiegelt sich auch in der Impfstoffpolitik wider. Die Pharmakonzerne nutzten zwar öffentliche Forschung aus, blockieren aber die Freigabe der Patente. Arme Länder bleiben beim Impfstoffpoker auf der Strecke. Die Impfstoffe aus Kuba, China und der Russischen Föderation werden vom Imperialismus in ein übles Spiel verwickelt. Das reicht vom Verschweigen bis zur Benutzung als Spielmasse in innerimperialistischen Konkurrenzkämpfen. Letzteres beschert Sputnik V, vor dem ja monatelang gewarnt wurde, nun plötzlich die Sympathie von Söder und Spahn. Inwieweit auch das Hin und Her um Astrazeneca diesen Konkurrenzkämpfen geschuldet ist, ist noch nicht klar zu überblicken.
Leidtragende weltweit sind die Völker der vom Imperialismus ausgebluteten Nationen, die Völker armer Ökonomien. Leidtragende in unserem Land ist die Arbeiterklasse, sind die kleinen Gewerbetreibenden und Kulturschaffenden.
Diese Widersprüchlichkeit spüren viele. Sie erleben sie täglich an Einzelwidersprüchen oder an Erscheinungen: in der Schlange vor dem Impfzentrum, im gewährten und wieder weggenommenen Ruhe-Gründonnerstag, in der vollen U- und S-Bahn zur Arbeit, in der ungeklärten Betreuungssituation der Kinder im Schooling-Chaos. Der Ideologieapparat tut alles, um zu verhindern, dass die Widersprüche zu grundsätzlicher Erkenntnis über den Grundwiderspruch führen.
Und nun soll die weitere Verschärfung des sogenannten Infektionsschutzgesetzes als Blitzgesetz verabschiedet werden. Sein Kern: die weiteren Eingriffe in die bürgerlichen Grundrechte, vor allem auch mit dem Mittel der nächtlichen Ausgangssperre. Der Nutzen für die Pandemiebekämpfung ist mehr als zweifelhaft. Durchgängig wird darauf hingewiesen, dass Kontakte im Freien um ein Vielfaches ungefährlicher sind, als die im Büro, der Schule oder der Werkhalle. Wieder wird suggeriert, dass es die Feierbiester sind, die der Eindämmung der Pandemie entgegenstehen. Und wieder wird ausprobiert, was die Menschen so alles mit sich machen lassen. Man treibt Menschen in einen falschen Widerspruch, in dem man sie spaltet in die, die den Virus ernst nehmen und denen dann scheinbar nichts anderes übrig bleibt als die Maßnahmen der Regierung zu unterstützen oder in jene, die man denen, die sich Querdenker nennen, in die Arme treibt. Man treibt sie damit zu Irrationalismus und überlässt sie dort auch gerne den Rechten. Beides nützt der Absicherung der Monopolherrschaft. Wir lehnen diese Verschärfung ab. Die Ausgangsbeschränkungen als Kernstück ist Teil der Probe einer Notstandsgesetzgebung und nicht zu akzeptieren.
Zur wachsenden Kriegsgefahr
Unsere Argumentation, über den Zusammenhang des scheinbaren Chaos in der Pandemiepolitik der Herrschenden mit dem Grundwiderspruch des Kapitalismus, wird jeden Tag aufs Neue bestätigt. Aber wir sind zu schwach, die Massen zu erreichen und dem offiziellen und medialen Verwirrspiel etwas entgegenzusetzen. Das ist ein Riesenproblem! Auf der anderen Seite sind wir im Verhältnis zu unserer Größe gar nicht so schlecht auf der Straße, das zeigten zuletzt auch die Ostermärsche. (…)
Unser Genosse Arnold Schölzel überschrieb einen Aufmacher in der jungen Welt mit dem Titel eines Songs von Geier Sturzflug von 1983, der Hochphase des Kampfes gegen die Stationierung der US-Mittelstreckenraketen. Der Titel: „Besuchen Sie Europa, solange es noch steht.“
Und tatsächlich, die Kriegsgefahr, auch die Kriegsgefahr in Europa, ist so groß wie in Hochzeiten des kalten Kriegs. Das heißt, sie ist durchaus real. In Europa verschärft sich die Situation vor allem durch das Säbelrasseln, den Truppenaufmarsch der Ukraine und deren NATO-Anschlusswünsche. Hier wird unter permanentem Bruch der Minsker Abkommen provoziert. Die NATO und die führenden westlichen Imperialisten scheinen nicht völlig begeistert, entkommen aber ihrer eigenen antirussischen Propaganda nicht, die durch die Medien massiv geschürt wird. Dass Russland seine Truppen verstärkt, ist eine Reaktion und nachvollziehbar, macht aber die Gefährlichkeit der Lage deutlich. Erst recht, wenn man die Aussagen des Botschafters der Ukraine in Deutschland hört, den die Deutsche Welle vorgestern, wie folgt, zitiert: „Entweder sind wir Teil eines Bündnisses wie der NATO und tragen auch dazu bei, dass dieses Europa stärker wird, (…) oder wir haben eine einzige Option, dann selbst aufzurüsten“, Kiew werde dann „vielleicht auch über einen nuklearen Status“ nachdenken.
Dabei dürfen wir nicht vergessen: Das alles findet statt in einer Zeit in der die Bedrohung der russischen Föderation durch NATO-Truppen bereits weit in den Osten, bis ins Baltikum geschoben ist. In solch einer Zeit eskaliert dann der, von vielen so begrüßte neue US-Präsident, in dem er, alle diplomatischen Gepflogenheiten brechend, Putin als Mörder bezeichnet – ausgerechnet er, der genügend Blut an den Händen hat. Am Donnerstag nun auch noch die Ausweisung russischer Diplomaten und ebenfalls eine neue Form der Eskalation, die sofortige Solidarisierung der gesamten NATO damit. Hinsichtlich der Frage „Krieg und Frieden“ haben sich leider unsere Bedenken in die Wahl von Biden mit einem atemberaubenden Tempo bestätigt. Auch gegenüber Iran nehmen die Drohungen nicht ab. Israel wird in seiner aggressiven Politik bestärkt und hat nun mit einem Anschlag auf eine iranische Atomanlage mehr als nur mit dem Feuer gespielt.
Der deutsche Imperialismus ist dabei kein Deut besser. Zwar ist er gegenüber der VR China immer etwas hin- und hergerissen, weil er die ökonomischen Beziehungen auch im Konkurrenzkampf in der EU und mit dem US-Imperialismus braucht. Trotzdem kann man sicherlich sagen, dass Außenminister Maas versucht, mit dem Kriegstreiber Joseph Fischer gleichzuziehen und dass er im Gleichschritt mit Kramp-Karrenbauer marschiert. Dieses Dreamteam der Rüstungsindustrie und des militärisch-industriellen Komplexes ist brandgefährlich. Allerdings macht auch der Absturz von SPD und CDU in Meinungsumfragen die Perspektive für die Zeit nach der Bundestagswahl nicht friedlicher.
Aktuell und angesichts der Provokationen der Ukraine sollten wir keinesfalls die Gefahr unterschätzen, die von „Defender 21“ ausgeht. Von diesem Monat an bis in den Juni dauert das US-geführte Großmanöver. Unter US-Führung werden 28.000 multinationale Streitkräfte aus 27 Nationen mobilisiert, um nahezu zeitgleiche Operationen in mehr als 30 Übungsgebieten in 12 Ländern durchzuführen. Der eigentliche Zweck der Übung: viele Truppen vom Westen in den Osten zu verlegen. Die diesjährige Übung ist ganz auf den Balkan und Südosteuropa ausgerichtet. Die Hauptrouten für die Transporte werden über Häfen in Albanien, Kroatien, Slowenien und Griechenland gehen. Man braucht kein Kartenmaterial, um das Bedrohungsszenario zu erkennen. Widerstand ist angesagt.
Was imperialistische Intervention bedeutet, das macht Afghanistan deutlich. Hunderttausend Tote hat dieser Einsatz gefordert. Jetzt wird das Chaos hinterlassen. Das Sterben wird weitergehen. Was geistert aber durch die Medien? Die Angst das China dadurch an Einfluss gewinnen könne. Widerlich! Anders herum wird vermutlich ein Schuh daraus. Das Chaos, das man in Afghanistan hinterlässt, gibt Hoffnung, dass es auf China ausstrahlen könnte. Denn die chinesische Provinz Xinjiang ist nicht weit, also die Provinz, in der es noch vor einigen Jahren Anschläge des islamistischen Terrorismus gab, der auch damals Drähte zu Islamisten aus Afghanistan und Pakistan vermuten ließ.
Zu den Bundestagswahlen
Das alles wird im Ausblick auf die Bundestagswahlen nicht besser. Vieles spricht für eine CDU-Grüne oder ähnliche Konstellation. Das bedeutet weder außenpolitisch noch sozialpolitisch Entspannung oder gar Entwarnung. Die Aggressivität der Grünen gegen Russland und China, ihr massiver Hang zum „Menschenrechtsimperialismus“ und ihr ausgeprägtes Wohlwollen für den sozialen Kahlschlag machen auch die Illusionen von einer Regierung ohne die CDU oder von R2G nicht gerade zu einer angenehmen Perspektive.
Auch aus diesem Grund dürfen wir nicht wie ein Kaninchen auf den Wahltag starren. Es geht darum, dass sich Bewegung gegen Krieg und Aufrüstung, Bewegung gegen das Abwälzen der Krisenlasten, Bewegung gegen den Demokratieabbau und Notstandsübung entwickelt.
Dafür steht unsere Kandidatur zu den Bundestagswahlen. Sie wird mit jedem Tag wichtiger, denn von Tag zu Tag wird die Tendenz stärker, dass die Linkspartei ihre Friedenspositionen zu Gunsten von Regierungsillusionen aufweicht.
Wir werden voraussichtlich bei der Wahl keine Bäume ausreißen, aber wir spüren vielfältig ein Suchen und auch ein Interesse an uns. Dort, wo die Partei auf der Straße ist, gibt es Interesse an uns und unseren Positionen. Wenn ich die Aktivitäten seit Beginn der Pandemie betrachte, wenn ich an den 1. Mai letzten Jahres, den 8. Mai denke, an die Friedensaktionen im Herbst, an die Aktionen zur Unterstützung der Beschäftigten im Gesundheitswesen gegen die Schließung von Krankenhäusern. Selbst wenn ich an die Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie denke, bei denen wir meinen, dass unsere Aktivitäten an zu wenig Orten stattgefunden haben, dann komme ich zum Schluss, dass unsere Partei, im Verhältnis zu ihrer Stärke recht aktiv ist. (…)
Dazu eignet sich die Sammlung von Unterstützungsunterschriften für die Bundestagswahl. Wir wissen nach wie vor nicht, wie sich das Quorum entwickeln wird. Von Seiten des Bundestags werden wir nun seit einigen Wochen mit dem Versprechen hingehalten, dass sich was tun wird. Wir bereiten nun die Einreichung einer Eil-Klage beim Bundesverfassungsgericht vor.
Es gibt also keinen Grund in der Unterschriftensammlung nachzulassen. Vor allem auch, weil sie uns auf die Straße, an die Menschen bringt. Natürlich ist es manchmal auch zäh und widersprüchlich, wie es ein Genosse aus Mönchengladbach schildert. Er schreibt: „Unsere großflächige Werbeaktion mit den Flyern zur Unterschriftensammlung inklusive UZ-Werbung geht jetzt bald in ihr letztes Viertel. Bis dato sind 12.450 Flyer verteilt, entsprechend noch 7.550 übrig. Die konkrete Rückläuferquote lässt leider noch sehr zu wünschen übrig. Bis heute ist sage und schreibe ein einziges unterschriebenes Formular aus dieser Aktion zurückgekommen. ABER: Zum einen war das Ganze von Anfang an klar als Experiment angesehen und es war uns durchaus bewusst, dass wir möglicherweise auch zu dem Ergebnis kommen, dass sich eine solche Aktion zumindest im Hinblick auf das Sammeln von Unterschriften einfach nicht rentiert. Zum anderen ist der Werbefaktor sowohl für die Partei als auch für die UZ dennoch nicht zu unterschätzen; immerhin wissen jetzt 20.000 Mönchengladbacher Haushalte, dass wir in dieser Stadt wieder präsent sind. Viele hören wahrscheinlich sogar zum ersten Mal von uns. Bemerkenswerterweise haben wir (unabhängig von der Aktion) in den letzten Wochen sechs neue Bewerber für eine Parteimitgliedschaft gewinnen können.“
Auch unsere Landesorganisationen in Brandenburg und Sachsen sind Beispiele, wie trotz eines recht kleinen Aktivs erfolgreich an die Sammlung der Unterschriften herangegangen werden kann. In Brandenburg wurden bislang schon deutlich über 700 Unterschriften gesammelt, es gibt den Ansatz zur Neugründung einer Gruppe in Bernau. Das „Zaubermittel“ dort: die kontinuierliche Aktivität des Aktivs im Zusammenspiel mit der guten Zusammenarbeit mit unseren Bündnispartnern aus der GRH, aus ISOR, dem OKV und dem Rotfuchs. Letzteres berichten auch die Berliner Genossinnen und Genossen, die sagen, dass uns die Bündnispartner nicht nur einzelne Unterschriften, sondern ganze Stapel übergeben, die von ihnen in Eigenregie gesammelt wurden. Wir möchten uns bei unseren Freunden ganz herzlich für Ihre Unterstützung bedanken! (…)
Trotz des bisherigen Erfolgs wird es in Sachsen schwer werden, die 2.000 Unterschriften zu erreichen. Vor großen Problemen stehen wir auch in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern. Hier ist Solidarität der anderen Bezirksorganisationen gefordert: so schnell wie möglich müssen die Sammlungen jetzt abgeschlossen werden, um Ressourcen für diese Hilfe zu haben. (…)
In den nächsten Wochen werden wir viel auf der Straße sein. (…) Weiter geht es mit dem 1. Mai. Wir unterstützen die gewerkschaftlichen Aktionen. Wir meinen, die Zeit verlangt nach offensiven Aktivitäten der Gewerkschaften, möglichst nach Demonstrationen, natürlich unter Einhaltung der Hygiene und Abstandsregeln. Inhaltlich muss es uns darum gehen, die Friedensfrage zu einem Bestandteil der Maiaktivitäten zu machen und gegen das Abwälzen der Krisenlasten, gegen die Angriffe auf demokratische Rechte und die Versammlungsfreiheit aufzustehen.
Dazu gehört auch die Kritik der „sozialpartnerschaftlichen“ Einfallstore. Eine Formulierung, wie „die Kosten der Krise müssen gerecht verteilt werden“, lässt eben auch das Abwälzen auf Arbeiterklasse und Werktätige zu. Wir müssen deutlich machen: Die Krise heißt Kapitalismus, Banken und Konzerne müssen zahlen!
Den 8. Mai wollen wir inhaltlich mit dem 22. Juni – dem 80. Jahrestags des Überfalls auf die Sowjetunion – verbinden. Dazu wird in wenigen Tagen ein Friedensinfo erscheinen und wir planen für den 19. Juni eine Kundgebung in Berlin, die wir unter das Motto stellen: „Dank Euch ihr Sowjetsoldaten“ heißt heute „Kampf gegen NATO und NATO-Aggression“ – „Stoppt das Bomberprogramm“ – „US-Atomwaffen raus aus unserem Land‘“. Als Redner/innen konnten wir bereits Andrea Hornung, die neugewählte Bundesvorsitzende der SDAJ, Egon Krenz und eine/n Genossen/in der KP der Russischen Föderation gewinnen, der/die, je nach Pandemielage zugeschaltet oder in Berlin anwesend sein wird.
Bereits am kommenden Samstag, dem 24. April, werden wir in Torgau wieder den „Tag der Begegnung“ begehen. Noch sind unsere Genossinnen und Genossen im Clinch mit den Behörden, die versuchen die Demonstration zu verhindern und die nur eine von der Personenanzahl begrenzte Kundgebung zulassen wollen. Auch deswegen sollten wir, vor allem auch in den angrenzenden Bundesländern, noch einmal versuchen nach Torgau zu mobilisieren.
Von Bedeutung sind auch die Aktivitäten gegen das geplante neue Versammlungsgesetz in NRW. Dieses Versammlungsgesetz dient der Kriminalisierung von demokratischen Aktivitäten. Nach den diversen Polizeiaufgabengesetzen ist die Blaupause für den nächsten schweren Angriff auf unsere demokratischen Rechte. Dieser Versuch muss gestoppt werden! (…)
Fallen wir den Kriegstreibern und Krisengewinnlern in den Arm! Kämpfen wir gegen die Angriffe auf unsere demokratischen Rechte! Stärken wir die DKP!