Auszug aus der Rede von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

Den Imperialismus an seiner empfindlichsten Stelle treffen

Von Patrik Köbele

Patrik Köbele

Patrik Köbele

( Thomas Brenner)

Wir wissen heute besser denn je, dass jegliche Illusion in den Imperialismus falsch ist. Kapitalismus, Krise, Krieg ist ein Zyklus, der innerhalb des Kapitalismus nur durch Friedenskampf, durch Klassenkampf unterbrochen, aber nicht aufgehoben werden kann. Noch viel mehr gilt das für das monopolistische Stadium des Kapitalismus, den Imperialismus. Es gibt keine Friedensfähigkeit des Imperialismus, die Abwesenheit von Krieg kann nur durch die Veränderung des Kräfteverhältnisses zu Gunsten der Friedenskräfte erzwungen werden.

Heute nehmen selbst die Spannungen unter den Imperialisten zu.

Die NATO ist für den deutschen Imperialismus derzeit und auf längere Sicht unverzichtbar. Die NATO ist das Instrument, mit dem die gemeinsame Strategie der Imperialisten, die Umzingelung Russlands und der VR China, umgesetzt wird. Die NATO ist der Platz, auf dem die innerimperialistischen Konflikte „zivilisiert“ ausgetragen werden. Dafür ist die Vorherrschaft des US-Imperialismus zu akzeptieren, die sich auch aus der gewaltigen Überlegenheit der Rüstungsausgaben ergibt. Der Rüstungshaushalt der USA lag 2016 bei 611 Milliarden US-Dollar, das entspricht knapp 500 Milliarden Euro.

Nimmt man alle NATO-Staaten zusammen, so haben sie, nach offiziellen Angaben, gemeinsam Rüstungsausgaben in einer Größenordnung von 921 Milliarden US-Dollar. Die VR China gibt 215,7 Milliarden US-Dollar für Rüstung, die Russische Föderation 69,2 Milliarden US-Dollar aus. Zusammen sind das 31 Prozent des Rüstungshaushalts der NATO-Staaten und knapp 43 Prozent des Rüstungshaushalts der USA. Das macht Dimensionen deutlich.

Natürlich setzt der deutsche Imperialismus seinen Kurs fort, eigenständig eine größere Rolle, auch in Konkurrenz zum US-Imperialismus, zu spielen. Dazu gehört auch das „Lernen“ im Rahmen der NATO und das „Lernen“ militärischer Fähigkeiten im Rahmen von Auslandseinsätzen. Ein neuer Schwerpunkt ist hier Afrika.

Das wurde zuletzt auch auf der sogenannten Sicherheitskonferenz in München deutlich: Die französische Kriegsministerin Parly formulierte drastisch: „Der Machtschwerpunkt liegt heute nicht in liberaler Demokratie. Das Risiko einer globalen Konfrontation nimmt zu.“1 Die Ministerin des Sunnyboys Macron weiter: „Der Erfolg eines Europas der Verteidigung kommt von weiteren Missionen und Einsätzen.“

Die deutsche Kriegsministerin gab sich moderater. Aber kurz nach der Siko: Im Winter alle deutschen U-Boote kaputt, Tornados fliegen nicht. Keine Zelte, wenn es gegen Osten geht. Der Wehrbeauftragte von der SPD springt sofort zur Seite: Zu wenig Offiziere, zehntausende Stellen nicht besetzt, Soldaten frustriert, Aufrüstung und Geld müssen her – sie schießen die Bevölkerung reif für die Umsetzung der NATO-Forderung der zwei Prozent, denn „der Russe“ steht ja quasi vor der Tür und der Chinese unterwandert die Ökonomie. Selbst die Heute-Show geht ihnen auf den Leim.

Wie lässt sich die Strategie der Imperialisten und des deutschen Imperialismus verallgemeinern? Wo liegen die Achillesfersen?

Die gemeinsame Strategie der Imperialisten liegt vor allem in der Umzingelung der möglichen aufstrebenden Konkurrenten, der Russischen Föderation und der VR China, sowie in der erzwungenen Unterordnung, gegebenenfalls Zerschlagung von Staaten, die gegen ihre Funktion als Vasallenstaaten des Imperialismus aufbegehren. Gemeinsames Ziel der Imperialisten ist dafür die Stärkung der NATO, ihre räumliche Ausdehnung, vor allem wiederum gegenüber Russland.

Neben der militärischen Ebene gibt es natürlich die ökonomische. Hier wird durchaus erkannt, dass die Situation der US-Ökonomie fragil ist und die Dominanz stark dadurch geprägt ist, dass mit dem Dollar als vorherrschender Währung des sogenannten Weltmarkts andere Ökonomien für die Stabilisierung der US-Ökonomie bluten müssen. Das ist dadurch natürlich auch ein Feld des Konkurrenzkampfes.

Mit der EU und der ökonomischen Führungsrolle hat der deutsche Imperialismus sich ein Hinterland für den ökonomischen Kampf zwischen den Imperialismen geschaffen. Dieser Führungsanspruch ist umkämpft, der französische Imperialismus ist ökonomisch schwächer, wirft aber politisch seine Rüstungsausgaben und seine Atomwaffen in die Waagschale. Die EU selbst ist durch den Austritt Großbritanniens, das sich möglicherweise stärker wieder am US-Imperialismus orientieren wird, geschwächt, PESCO soll nun aber die militärische Stärke schneller herbeiführen, natürlich unter deutscher Führung.

Das geht nicht ohne eigene Investitionen, Hochrüstung ist dafür nötig, die NATO-Vorgabe der 2 Prozent des BIP, also die schnelle Steigerung um 20 Milliarden Euro und die faktische Verdoppelung der Rüstungsausgaben bis 2025, muss her.

Dafür muss die Bevölkerung weichgekocht werden, dazu gehört die Bundeswehrwerbung, dazu gehört vor allem aber die Russophobie und die Propaganda von der kampfunfähigen Bundeswehr, anknüpfend an die Nazi-Propaganda vom Scheitern am russischen Winter. Wer nicht für Hochrüstung ist, der stößt „unseren Jungens und Mädels“, die uns an der russischen Grenze vor Doping und Putin schützen, den Dolch in den Rücken.

Dafür muss man das Volk, Teile der Arbeiterklasse einbinden. Sie müssen glauben, dass sie gemeinsam mit den Herrschenden etwas zu verteidigen haben, vor den Flüchtlingen, dem Russen, dem Chinesen – ein bisschen auch vor Trump. Zusätzlich hat man, auch für diejenigen, die man komplett ausgegrenzt hat, die Spaltung, Nationalismus und Rassismus. Zu dieser Einbindung von Teilen der Klasse gehört auch der wachsende Militarismus. Bundeswehrwerbung, die noch nicht mal den Eindruck von Friedlichkeit erwecken will – sie bleibt viel zu oft hängen, runter damit!

Und wir, die Friedensbewegung? Hilflos einem übermächtigen Gegner ausgeliefert? Und wir, die Arbeiterbewegung? Gespalten, integriert in die aggressive Strategie des Imperialismus und des deutschen Imperialismus? Das wäre zu einfach, defätistisch und Kommunisten unwürdig, auch, weil es einfach nicht stimmt.

Mit ihrer Russophobie kommen sie, vor allem auch im Osten, nicht durch – diese Schlichtheit fällt vielen auf. Die NATO als Friedensengel? Das glaubt auch kaum einer. Mehr Rüstung, Verdoppelung des Rüstungshaushalts, das kommt nicht an. Da muss man schon eine Große Koalition aus SPD, CDU und AfD vorschicken, die wenigen noch friedensbewegten Grünen bekommt man mit Menschenrechten eingefangen, aber die Mehrheit der Menschen hat man nicht.

Atomwaffen in Deutschland? Das finden die meisten nicht toll, zu wenige wissen aber darüber Bescheid.

Es ist den Herrschenden noch nicht gelungen, die Massen in ihr Konzept einzubinden. Sie erkennen ihre Schwachstellen, das bemerkt man an ihrer Propaganda. Wir müssen umgekehrt bestimmen, an welchen Punkten ist ihre Gesamtstrategie am empfindlichsten, wo ist das schwächste Glied, um möglicherweise die gesamte Strategie des deutschen aber auch des internationalen Imperialismus zu gefährden.

Aus unserer Sicht ist es das NATO-Ziel der Erhöhung des Rüstungshaushalts auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die NATO-Mitgliedschaft des deutschen Imperialismus selbst. Warum?

Der Kampf gegen die zwei Prozent richtet sich sowohl gegen die „Ökonomie“ der NATO insgesamt als auch gegen die Ansprüche des deutschen Imperialismus auf wachsenden Einfluss – sehr gut, lasst es uns tun!!

Der Kampf gegen die zwei Prozent macht deutlich, jeder Euro mehr für Rüstung und Krieg, verstärkt die Fluchtbewegung, verschärft die Armut – nützt nur dem Monopolkapital und dem Militärisch-Industriellen Komplex – genau, lasst uns das verbreiten.

Zwei Prozent bedeuten mehr Rüstung, mehr Krieg – das müssen wir laut und deutlich sagen.

Aus diesem Grund schlagen wir vor, den Kampf um die Gewinnung von Unterschriften unter den Aufruf „Abrüsten statt Aufrüsten“ zu einem zentralen Punkt unserer Aktionstätigkeit zu machen. In diesen Aktivitäten informieren wir immer über die NATO-Osterweiterung, wir fordern „NATO weg von der russischen Grenze“, „Frieden mit Russland“, „Raus aus der NATO“.

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"Den Imperialismus an seiner empfindlichsten Stelle treffen", UZ vom 9. März 2018



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