Wegen der auf Kinder zielende Kriegspropaganda in der ZDF-Sendung „logo!“ (UZ vom 8. März 2024) hat das Kasseler Friedensforum Programmbeschwerde gegen das ZDF erhoben, in Form eines Offenen Briefes. Wir dokumentieren das Schreiben hier in voller Länge, geringfügig redaktionell bearbeitet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Kasseler Friedensforum hat sich am 04. März 2024 auch mit dem Programmbeitrag vom 28. Februar 2024 in der ZDF-Sendung „logo!“ zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus sowie insbesondere mit dem Videoclip auf YouTube „Kein Taurus für die Ukraine“ beschäftigt.
Gegen diese Beiträge und die sie verantwortenden Redakteure erheben wir Beschwerde und protestieren gegen den damit geübten Medienmissbrauch zu Zwecken einseitiger Propaganda, der in diesem Fall auch noch einer direkten militaristischen und bellizistischen Beeinflussung von Kindern dient.
Da nach neuesten Umfragen außerdem rund 60 Prozent der Bevölkerung die Lieferung von Taurus ebenso wie der Bundeskanzler aus guten Gründen ablehnen, sind diese Beiträge zutiefst demokratiefeindlich, weil sie geeignet sind, auch circa 60 Prozent der diese Beiträge rezipierenden Kinder in Widerspruch zu Mehrheitsmeinungen, auch ihrer Eltern, zu bringen und die Haltung des Bundeskanzlers zu diskreditieren, getreu seines Amtseids Schaden vom deutschen Volk abwenden zu wollen.
Beide Sendebeiträge verstoßen unseres Erachtens auch direkt gegen das Gebot des ZDF, das Grundgesetz der Bundesrepublik zu achten, das in der Präambel und in Artikel 1 Absatz 2 die normative Verpflichtung aller staatlichen Gewalt auf den Frieden enthält.
Eine Beachtung dieses Gebots durch das ZDF hätte unseres Erachtens von vornherein verboten, für Kinder rein waffentechnische Betrachtungen anzustellen.
Insoweit verstoßen beide Beiträge hinsichtlich der Qualitäts- und Programmrichtlinien des ZDF zumindest gegen eigene Grundwerte und journalistisch-redaktionelle Grundprinzipien wie
- einen Beitrag (zu leisten) zur Anerkennung der vom Grundgesetz geschützten Werteordnung
- freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung (zu fördern), Hintergründe und Zusammenhänge (zu erhellen)
- den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland (zu fördern) und (…) das Verständnis für die Bedeutung eines Lebens in Frieden (…) (zu unterstützen)
- „Sie dürfen dabei nicht durch Weglassen wichtiger Tatsachen, durch Verfälschung oder durch Suggestivmethoden die persönliche Entscheidung zu bestimmen versuchen.“
Weiterhin sehen wir diese Beiträge auch als Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in der Form vom 30. Juni 2022, insbesondere hinsichtlich der in Paragraph 4 (Unzulässige Angebote) gemäß Absatz 1 Ziffer 1 als Propagandamittel gegen den Gedanken der Völkerverständigung und Ziffer 7 als kriegsverherrlichend.
Angesichts der Tatsache, dass ZDF-„logo!“-Nachrichten auch im Unterricht ab Klassenstufe 5 genutzt werden, sehen wir zudem ernsthafte Bedenken, dass diese Beiträge entwicklungsbeeinträchtigenden Charakter haben können.
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass hinsichtlich des besonders anrüchigen Videos eingewendet wird, dass es sich dabei um Comedy handeln soll, die sich an reifere Kinder ab 13 Jahre richten würde.
Dem ist in jeder Weise zu widersprechen:
Erstens ist es die Menschenwürde verletzend, Kindern Waffen als Comedy zu suggerieren, deren Einsatz zigtausenden Menschen Tod bringen würde.
Zweitens ist sowohl im Beitrag vom 28. Februar 2024 wie im Video der ernsthafteste Hintergrund für die Taurus-Diskussion unterschlagen, dass deren Lieferung an die Ukraine einen geschichtsvergessenen Einsatz Deutschlands gegen russisches Territorium und damit eine erhebliche Eskalation des Krieges darstellen würde.
Die Bundesrepublik hat nach Angaben des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten längst den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen und läuft nun Gefahr, in einen direkten Krieg mit Russland verwickelt zu werden.
Drittens wird verschwiegen, dass ein Einsatz von Taurus aufgrund seiner besonderen militärischen Eigenschaften die Schwelle direkt unterhalb einer atomaren Auseinandersetzung erreichen würde und damit eine eklatante Bedrohung des Weltfriedens riskiert.
Wir sind friedensbewegte Menschen, die bei militärischen Auseinandersetzungen strikt auf keiner Seite der kriegführenden Parteien stehen.
Wir treten ein für alles, was der Herstellung und Erhaltung des Friedens dient.
Das sind, wie die Tatsachen zeigen, keinerlei Waffen, denn sie bewirken nur fortdauerndes Blutvergießen, Zerstörung von Leben, Landschaft und Umwelt.
Frieden – dem verpflichtet uns das Grundgesetz – kann nur und ausschließlich durch Verhandlungen, Diplomatie und Aufbau von Beziehungen erreicht werden, die die Interessen aller Seiten berücksichtigen.
Wir denken, dass eine solche Grundhaltung aus den hier dargelegten Gründen auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verlangt werden kann.
Die bemängelten Sendungen lassen solche Haltung noch nicht einmal ansatzweise erkennen. Von uns Bürgern wird aber deren Finanzierung abgefordert.
Mit freundlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
i. A. Ulrich Schmidt