Dem Frieden keine Chance

Manfred Idler zum Ethos der Medien

Wenn das Werk einer Uhr kaputt ist,so zeigt sie doch noch zwei mal in 24 Stunden die genaue Zeit. Ähnlich verhält es sich mit Donald Trump. Eine angebliche Giftgasattacke der syrischen Armee, die am Sonntag gemeldet wurde, betwitterte er als „sinnlosen Chemieangriff“. Nun, mit „sinnlos“ hat auch er mal recht.

Sinn hat die Meldung nur, wenn mit ihr eine weitere Drehung der Eskalationsschraube bewirkt werden kann. Und der monströse Schwindel um die beiden Skripals ist inzwischen geplatzt. Seit der Lüge des britischen Außenministers Johnson, die Wissenschaftler des Zentrums für Bio- und Chemiewaffenforschung in Porton Down hätten das zum Anschlag verwendete Nowitschok als eindeutig in Russland hergestellt identifiziert, musste diese Kampagne heruntergefahren werden. Denn der Chef des Militärlabors widersprach dem Politiker deutlich. Jetzt also: die nächste Tatarenmeldung wurde fabriziert.

Solche Meldungen folgen dem Muster der Drehbücher von Hollywood-Krawallfilmen. Ihre Logik: Putin und Assad, das „Tier“ (Trump), sind Außerirdische, deren Handlungen menschlicher Verstand nicht erfasst. Sonderbarerweise greifen sie stets zum grellsten Mittel, um die „Weltgemeinschaft“ zu provozieren. Und dagegen, so die Dr. Seltsams in den Regierungen der imperialistischen Staaten, ist dann alles erlaubt.

Immer sind die Höflinge der bürgerlichen Medien zur Stelle. Einerseits verurteilen sie die jede Infragestellung der imperialistischen Erzählungen als „Fake-News“ im Internet. Richtigstellungen wie die des Porton-Down-Chefs Aitkenhead werden weitgehend ignoriert. Andererseits verbreiten sie bereitwillig die rohen Propagandameldungen, greifen gierig jedes Gerücht auf und verzichten auf die hehren Prinzipien, die sie als Banner des bürgerlichen Journalismus vor sich hertragen. Dazu gehört nun einmal die Prüfung von Information auf Verlässlichkeit der Informanten, auf Plausibilität und Wahrheitsgehalt ebenso wie die Abfrage anderer, auch widersprechender Quellen.

Die Lüge ist der Zement, der das imperialistische Ideologiegebäude zusammenhält. Und Medienmenschen, allzuviele von ihnen, sind hier als Bauleute beschäftigt. Dabei geht es um Leben und Tod. „Nichts ist ausgeschlossen“ sagt Trump, und meint damit einen Militärschlag als Antwort auf eine unbewiesene Meldung. Dahinter steht: Menschen, hauptsächlich Zivilisten, werden sterben. Andere werden verletzt, fürs Leben gezeichnet. Andere werden für immer traumatisiert sein. Wer so etwas herbeischreibt macht sich der Beihilfe schuldig. Und: ein Angriff wird den Konflikt eskalieren und zu noch mehr Tod und Zerstörung führen. Das kann schneller gehen als eine „Tagesschau“-Sprecherin „Fassbombe“ sagen kann.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Dem Frieden keine Chance", UZ vom 13. April 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit