Die Politisierung der Geschichte auf dem Wege ihrer Verfälschung hört nicht auf. Zum Zwecke der Rechtfertigung der aktuellen Politik, die vom Streben nach Sicherung des Kapitalismus und Errichtung einer „Neuen Weltordnung“ durch zunehmende Konkurrenz der kapitalistischen Großmächte geprägt ist, wird auch die Geschichte des zweiten Weltkrieges im Sinne des Antikommunismus und der Russophobie moduliert.
Ein Beispiel sind die Veranstaltungen zum sogenannten D-Day 2019, zu dem Deutschland eingeladen wurde, Russland aber als Hauptkraft bei der Zerschlagung des Faschismus, als Befreier Deutschlands und Europas demonstrativ außen vor blieb. Ebenso die vermehrten antisowjetischen und antirussischen Polemiken aus den NATO-Staaten des Baltikums, aus Polen und Rumänien. Die Resolution des EU-Parlaments vom September treibt die Kampagne auf die Höhen einer europaweiten antirussischen Mobilisierung.
Rote Armee war entscheidend
Der grundlegende Umschwung im Verlauf des zweiten Weltkrieges zugunsten der antifaschistischen Koalition wurde von der Roten Armee zu einer Zeit erzielt, als die Regierungen der USA und Großbritanniens ihre Strategie der sogenannten indirekten Handlungen praktizierten, die Errichtung der zweiten Front in Europa bewusst verzögerten und damit ihre Verpflichtungen als Alliierte verletzten.
Die Armeen der USA und Großbritanniens operierten damals auf zweitrangigen Kriegsschauplätzen und verzögerten das Eingreifen in Westeuropa. Sie banden nur unbedeutende Kräfte des faschistischen Blocks. Dessen Hauptkräfte standen an der sowjetisch-deutschen Front, die ständig drei Viertel aller Streitkräfte der Faschisten fesselte.
Immer, wenn die deutsche Armee in eine schwierige Situation kam, konnte sie auf das Reservoir zurückgreifen, das sie in Westeuropa stationiert hatte. Das tat sie im Dezember 1942 und Anfang 1943 an der Wolga, als zahlreiche Divisionen aus Deutschland, Frankreich, Dänemark und Holland an die sowjetisch-deutsche Front verlegt wurden. Um den „Ostwall“ zu behaupten, wurden von September bis Dezember 1943 22 Verbände samt Panzerdivisionen abgezogen. Insgesamt verlegte das deutsche Oberkommando 60 Divisionen aus Westeuropa.
Die Schläge der Roten Armee haben der faschistischen Wehrmacht das Rückgrat gebrochen. Es waren günstige Bedingungen für die Invasion der Alliierten in Westeuropa gegeben, die sie aber absichtlich nicht nutzen wollten. Geschichtsfälscher versuchen aber auch heute noch, die Bedeutung der Siege der Roten Armee von 1942 und 1943 und ihren entscheidenden Einfluss auf den Verlauf des zweiten Weltkrieges herabzusetzen. (Siehe D-Day-Feiern)
Die Völker erheben sich
Der siegreiche Ausgang der Schlachten an der Wolga und bei Kursk sowie die Vertreibung der Okkupanten von sowjetischem Territorium gaben auch der Befreiungsbewegung der Völker Europas einen großen Auftrieb, sowohl in Ost- als auch in Westeuropa. Partisanenabteilungen griffen immer koordinierter und wirksamer in den Kampf ein. In mehreren Ländern wurden sie in reguläre nationale Befreiungsarmeen umgebildet. So in Polen, in der CSR und Jugoslawien. Es folgte die Befreiung Rumäniens, Polens, Jugoslawiens im Osten und die Selbstbefreiung von Paris, der bewaffnete Aufstand der belgischen Patrioten sowie die Schläge der italienischen Partisanenbewegung. Und überall waren die Kommunisten führend beteiligt!
Unter dem Eindruck dieses Verlaufs des zweiten Weltkrieges mussten die Regierungen der USA und Großbritanniens auch ihre Haltung in der Frage des weiteren Hinauszögerns der zweiten Front überprüfen. „Nun war es durchaus möglich, dass Russland den Krieg ohne uns gewinnen konnte und ohne unsere Hilfe überhaupt zu benötigen“, schrieb der Generaldirektor der Verwaltung für die politische Kriegführung Großbritanniens, Bruce Lockhart.
Der Verteidigungsminister der USA, Stimson, warnte Präsident Roosevelt vor den Widersachern der Invasion und betonte, die westlichen Verbündeten hätten nach einem Sieg, der in der Hauptsache mit den Kräften der Sowjetunion errungen wurde, einen Verlust an Ansehen und schwere politische Nachteile zu erwarten.
Kräfteverhältnis verändert
Zu Beginn des Jahres 1945 hatte sich das Kräfteverhältnis eindeutig zugunsten der Sowjetunion verändert. Mit dem Austritt Finnlands, Rumäniens, Bulgariens und Ungarns aus der faschistischen Koalition sowie durch die Befreiung einer Reihe westeuropäischer Länder von der faschistischen Okkupation hatte das faschistische Deutschland nicht nur Bundesgenossen, sondern auch bedeutende Quellen strategischer Rohstoffe, zahlreiche Arbeitskräfte und erhebliche Produktionskapazitäten verloren. Verstärkt durch den moralischen Faktor war das Kriegspotenzial des faschistischen Deutschlands bedeutend geschwächt worden. Aber es blieb bei dem alten Kriegsbild. Gegen die Sowjetunion waren nach wie vor die Hauptkräfte der Faschisten konzentriert, zu diesem Zeitpunkt 204 Divisionen. An der westeuropäischen Front kämpften dagegen weniger als 70 deutsche Divisionen.
Sowjetunion greift ein
Trotzdem durchbrachen die deutschen Truppen im Westen in der Ardennen-Offensive im Dezember 1944 die Front der Alliierten und brachten die englischen und amerikanischen Truppen in eine gefährliche Lage. Churchill wandte sich in dieser Situation am 6. Januar 1945 an Stalin mit der Bitte, die Offensive der sowjetischen Truppen zu beschleunigen.
Die Sowjetunion kam der Bitte nach und begann die Offensive schon am 12. Januar 1945 (ursprünglich war der Beginn um den 20. Januar geplant). Die Handlungen entfalteten sich fast gleichzeitig auf der ganzen 1.200 km langen Front von der Ostsee bis zu den Karpaten. Bedeutende deutsche Kräfte mussten von der Westfront abgezogen werden. Damit konnten auch die westlichen Alliierten die deutschen Kräfte wieder zurückwerfen.
Befreiung Polens
Durch diese strategische Großoffensive wurden die strategischen Gruppierungen der deutschen Truppen in Ostpreußen und in Polen zerschlagen und der Weg nach Berlin frei gemacht. Die Zerschlagung der Ostpreußengruppierung und die Eroberung Ostpreußens, der Hochburg des deutschen Militarismus, sicherten den Vorstoß der sowjetischen Truppen in Richtung Berlin. Der Widerstand der deutschen Truppen in der Hauptstoßrichtung wurde durch die Rote Armee am 16. Januar 1945 gebrochen. Die 1. Polnische Armee ging aufgrund dieses Erfolges am 16. Januar zum Angriff über und stieß gegen Warschau. Am 17. Januar 1945 befreite die 1.Polnische Armee gemeinsam mit sowjetischen Truppen die zerstörte Hauptstadt Polens. In seinen Erinnerungen schreibt der sowjetische Marschall G. K. Shukow: „Nach der Besichtigung der verheerten Stadt meldete der Kriegsrat der Front dem Obersten Befehlshaber: ‚Die faschistischen Barbaren haben Polens Hauptstadt zerstört. Die Nazis haben mit der Grausamkeit raffinierter Sadisten ein Stadtviertel nach dem anderen vernichtet. Die größten Industriebetriebe sind wie wegradiert. Die Wohnhäuser sind gesprengt oder niedergebrannt, die Kommunalwirtschaft ist zerstört, zehntausende Einwohner sind umgebracht. Die Stadt ist tot‘.“
In Kenntnis und trotz dieser Tatsachen ist es auch bei den heute in Polen Regierenden üblich, im Rahmen ihrer „neuen Geschichtspolitik“,die Befreiung Polens von den faschistischen Verursachern dieser Zerstörungen als „Okkupation“ durch die Sowjetunion zu bezeichnen.
Richtung Berlin
Im Ergebnis dieser Januaroffensive wurde nicht nur die faschistische Verteidigung auf polnischem Territorium zerschlagen. Polen wurde befreit. Die faschistische Wehrmacht verlor bei den Kämpfen zwischen Wisla und Oder mehr als 400.000 Mann. Das waren junge Menschen, die zu Kriegsmaterial gemacht wurden!
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Januaroffensive 1945 der Roten Armee war das Scheitern der Offensive der faschistischen Truppen im Westen. Das deutsche Oberkommando musste die Hauptkräfte seiner Stoßgruppierung in den Ardennen an die sowjetisch-deutsche Front verlegen.
Die sowjetischen Armeen standen trotzdem auf einer Breite von etwa 500 Kilometer an der Oder. Sie errichteten auf dem Westufer des Flusses mehrere Brückenköpfe in Richtung Berlin.
Insgesamt bestimmten die militärpolitischen Ergebnisse der Januaroffensive 1945 nicht nur den weiteren Verlauf des Krieges in seiner Endphase. Sie beeinflussten auch die Bemühungen um die Lösungen für die Nachkriegszeit sowie deren Inhalt und Ziele.
A. L.