Am Ende genügt ein einziges der unzähligen bunten Bilder des Wahlabends, um in der Flut animierter Grafiken, Hochrechnungen, Balken- und Tortendiagramme das ganze Elend zu erfassen. Die Deutschlandkarte, eingefärbt nach den meisten Zweitstimmen, zeigt: „Deutschland ist bunt“ bedeutet vor allem viel Schwarz im Westen, viel Blau im Osten und undurchdringliches Grau in Bayern. Doch selbst das ist trügerisch: Auch in Bayern, dem Bundesland mit traditionell eher klassisch-rassistischer Staatsräson, ist die AfD in einigen Wahlkreisen stärkste Kraft nach Erststimmen. Sie landete – aller CSU-Rhetorik zum Trotz – auch häufig auf Platz 2.
Markus Söder beschwor am Tag 1 nach der Wahl bereits weitere Asylrechtsverschärfungen, um endlich effektiv im Kampf gegen die AfD zu sein. Ansonsten freut er sich, nicht mit den Grünen reden zu müssen. Das lässt sich auf einer objektiven Ebene nachempfinden. Bei Söder ist es aber äußerst krude. Mit Blick auf einen künftigen Bundestag ohne BSW, was eine Koalition ohne Grüne ermöglicht, sagte der CSU-Mann: „Wir sind dem Teufel von der Schippe gesprungen (…) Allein das Wort ‚Kenia‘, einer ‚Kenia-Koalition‘ hätte vielen Millionen Deutschen ein seltsames Gefühl vermittelt.“ Damit endet die Gedankenwelt dieses Menschen leider noch nicht. Den Angriff auf migrantische Kinder in Aschaffenburg hatte er anlässlich einer Rede zum Holocaust-Gedenktag als „ein ähnlich schlimmes Ereignis“ wie den Anlass seiner Rede bezeichnet. Eine mögliche schwarz-rote Koalition nach der Bundestagswahl bezeichnete er als „letzte Patrone der Demokratie“.
Derweil plant die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) für Anfang Oktober die Fortführung ihres Bundeskongresses. Auch dort steht die Fortführung der Debatte an, in welchem Zusammenhang gesellschaftlicher Rechtsruck, Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zueinander stehen. Wenn sich selbst eine Markus-Söder-CSU zur Vorkämpferin im Kampf gegen die AfD stilisiert, um gleichzeitig eins zu eins ihre Forderungen in der Migrationspolitik umzusetzen, dann kann und darf sich antifaschistisches Wirken nicht in möglichst vielen bürgerlichen Bündnisaufrufen und -demonstrationen erschöpfen.

Gerade nach dem Angriff auf eine ver.di-Streikdemonstration in München waren Äußerungen, die eine rechte Instrumentalisierung der dortigen Opfer scharf zurückweisen, enorm wichtig. Umso bedauerlicher ist es, wenn Veranstaltungen, die eine Auseinandersetzung mit Ursachen der Rechtsentwicklung und Gegenstrategien ermöglichen, aus Pietätsgründen abgesagt werden. So geschehen mit der zentralen Diskussionsveranstaltung des DGB in Mittelfranken zur Bundestagswahl. „Wählt keine AfD, denn das machen wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter nicht“, ist zwar richtig, aber leider längst nicht ausreichend. Wir sind gefordert, in die inhaltliche Debatte zu gehen und aufzuzeigen, weshalb eine Stimme für die AfD keine Wahl gegen „die da oben“ ist, sondern ein krasses Handeln gegen die eigenen Interessen.
Während auf den Bühnen der Streikkundgebungen im Öffentlichen Dienst zu Recht klar Stellung gegen die AfD bezogen wird, ist es mit Blick auf die darüber den Kopf schüttelnden Kollegen der Stadtreinigung enorm wichtig, auch zu erklären, gegen welche Politik man sich damit positioniert. Genauso erklärungsbedürftig ist es, dass beide Repräsentantinnen der Arbeitgeberseite im aktuellen Tarifkampf, Nancy Faeser als Innenministerin und Karin Welge als Präsidentin der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber, stolze SPD-Mitglieder sind. Denn ein weiteres Bild der Wahlauswertungen sollte gleichermaßen erschrecken wie zum konsequenten, antifaschistischen Kampf anspornen: Laut tagesschau.de erreichte der AfD-Zustimmungswert bei arbeitenden Menschen und solchen in schlechter finanzieller Lage 37 Prozent.