Die Beratungen der Schlichtungskommission in der Tarifrunde für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind beendet. Die Schlichtungsempfehlung sieht für 2023 nur Einmalzahlungen („Inflationsausgleichszahlung“) vor, erst ab dem 1. März 2024 soll es mehr Lohn geben: Einen Sockelbetrag von 200,00 Euro plus eine prozentuale Erhöhung von 5,5 Prozent. Die Laufzeit soll 24 Monate betragen. Am 22. April werden die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst auf dieser Grundlage fortgesetzt.
Der Vorstand der Deutschen Bahn findet die Schlichtungsempfehlung offenbar gut. Die DB AG hat angekündigt, bei den nächsten Tarifgesprächen mit der EVG am 25. April einen bahnspezifischen Abschluss auf der Basis des Schlichterspruchs für den Öffentlichen Dienst vereinbaren zu wollen. Vor allem lange Laufzeiten und die Zahlung von abgabenfreien Einmalzahlungen anstatt von Lohnerhöhungen kommen bei der Kapitalseite gut an.
Die zuständige Gewerkschaft EVG lehnt diesen Vorschlag genau aus diesen Gründen vehement ab: „Die Botschaft an alle Unternehmen ist klar: Wir wollen keine Laufzeiten von 24 Monaten oder länger, wir wollen auch keinen Inflationsausgleich. Wir wollen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen dauerhaft mehr Geld haben und fordern deshalb 650 Euro mehr als soziale Komponente, alternativ 12 Prozent, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten“, so EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay. Das seien angesichts der für die Beschäftigten weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Lage überschaubare Forderungen, die die EVG in allen laufenden Verhandlungen mit Bahnunternehmen durchzusetzen will. „Dass wir in der Lage sind, dazu den nötigen Druck aufzubauen, haben wir schon einmal unter Beweis gestellt“, sagte Ingenschay.
Das Verhalten der Bahn sei einfach unglaublich, meint EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. „Wir drängen von Anfang an auf einen schnellen Abschluss, aber der Verhandlungsführer der Deutschen Bahn legt erst mal kein Angebot vor und hält dann, nach dem Warnstreik, drei Wochen Winterschlaf.“ Statt auf die besonderen Forderungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner einzugehen, würden nun Vorschläge aus einem anderen Tarifkonflikt abgeschrieben. „Das lässt mich doch an der Ernsthaftigkeit zweifeln, zielführende Verhandlungen führen zu wollen“, kritisierte Loroch.
Die Deutsche Bahn wolle mit dem Vorstoß vor allem provozieren. „Nach dem Bemühen, eine Lösung finden zu wollen, sieht das nicht aus, eher nach unnötiger Konfrontation. Warum die Deutsche Bahn eine solche Strategie gegen die Interessen ihrer Beschäftigten, aber auch gegen ihre Kundinnen und Kunden fährt, ist mir ein Rätsel“, so Loroch weiter.
„Wir erwarten in der zweiten Verhandlungsrunde deutlich mehr Bewegung von den Arbeitgebern. Das gilt für alle Unternehmen, mit denen wir derzeit verhandeln“, ergänzte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay. „Unsere Tarifkommissionen haben sich sehr genau überlegt, welche gemeinsamen Forderungen sie stellen. Ein Inflationsausgleich gehört ausdrücklich nicht dazu.“