Die Vormaiveranstaltung der DKP Stuttgart im Waldheim Stuttgart – Clara-Zetkin-Haus war dieses Jahr dem Kampf um den Erhalt des Trafo-Werkes in Cannstatt gewidmet. Über 50 Genossinnen und Genossen, ehemalige Trafo-Beschäftigte und Akteure sowie Interessierte nahmen Anteil an der Geschichte dieser langen Auseinandersetzung. Vor 40 Jahren nahmen die Beschäftigten der Trafo-Union den Kampf gegen den mächtigen Siemens-Konzern auf – David gegen Goliath. Dieser Kampf war in den letzten Jahrzehnten die bedeutendste und längste Klassenauseinandersetzung in der Region Stuttgart. Die Besonderheit dieses Kampfes: Der Betriebsratsvorsitzende Heinz Hummler war Kommunist, und es gab eine starke DKP-Betriebsgruppe, die diese Auseinandersetzung prägte und von den Kolleginnen und Kollegen anerkannt war. Die regelmäßig herausgegebene Betriebszeitung „Trafo“ wurde gerne gelesen und politisierte die Belegschaft.
Heinz Hummler ist heute 92 Jahre alt. Er berichtete anschaulich über die Auseinandersetzung, die am 5. April 1984 begann und über 13 Monate dauerte. In Cannstatt entstand damals eine breite Solidaritätsbewegung für den Erhalt des Trafo-Werkes, mit Solidaritätsaktionen vieler Belegschaften umliegender Betriebe. Die Trafo-Kollegen selbst zeigten in über 13 Monaten mit vielfältigen kreativen Aktionen, wie wichtig ihnen der Erhalt ihrer Arbeitsplätze auch für künftige Generationen ist. Sei es bei der 1.-Mai-Demo 1984, bei der Menschenkette um das Werksgelände herum, bei der Betriebsräteversammlung in München, bei der Begleitung der Arbeitsgerichtsprozesse oder bei der Blockade, um den Abtransport der Maschinen aus dem Werk zu verhindern.
Trotz all dieser Aktivitäten setzten der Konzern und seine willfährigen Helfer in der Politik am Ende die Schließung mit brachialer Polizeigewalt gegen die kämpfende Belegschaft durch. Bis dahin hatten viele solch einen Gewaltexzess gegen Arbeiterinnen und Arbeiter in diesem Lande nicht für möglich gehalten. Auch wenn das Werk nicht erhalten werden konnte, war ihr Kampf doch keine Niederlage. Im Sozialplan konnte für die Kollegen vieles durchgesetzt werden. Die Arbeitsplatzvernichtung musste von Siemens teuer erkauft werden. Bis heute ist dieser Kampf der Trafo-Belegschaft in Stuttgart beispiellos.
Ein Film über den Kampf der Trafo-Kollegen, gedreht von Kollegen, zeigte die vielfältigen Aktionen. Viele Kollegen kommen darin zu Wort und schildern, was die Schließung für sie und ihre Familien bedeutete und wie die Erfahrungen der Auseinandersetzung sie prägten.
Guido Lorenz, damals junger katholischer Betriebsseelsorger, berichtete, wie wichtig für ihn diese Auseinandersetzung war. Sie habe ihn sensibilisiert für gewerkschaftliche Kämpfe, die er in Stuttgart über 35 Jahre begleitete und auch mit seinen Ideen bereicherte. Für ihn war die gute und solidarische Zusammenarbeit der vielen Akteure trotz unterschiedlicher Richtungen sehr wichtig.
Heidi Scharf, damals die betreuende IG-Metall-Sekretärin, erläuterte, dass die Auseinandersetzung, insbesondere die Werksblockade, in der IG-Metall-Verwaltungsstelle zunächst nicht gut angekommen sei und sie Rüffel dafür bekommen habe. Der Wind in der IGM habe sich erst nach dem brutalen Polizeieinsatz gegen die zweite Blockade zum Positiven gedreht und zu breiter Unterstützung geführt. Sie berichtete auch über die 40 Anklagen, die fünf Jahre später, kurz vor Ablauf der Frist, gegen Kollegen und Unterstützer erhoben wurden. Auch andere Teilnehmer berichteten über ihre Prozesse und Verurteilungen.
Die Veranstaltung schloss mit dem gemeinsamen Singen zweier Lieder, die in der Auseinandersetzung entstanden. Sie ließ diesen Kampf lebendig werden.