Personalbemessung in den Krankenhäusern
Das nächste gewerkschaftspolitische Forum der DKP hat als Schwerpunktthema „Die Personalbemessung in den Krankenhäusern“ und die von ver.di für den Herbst dieses Jahres geplanten bundesweiten Aktionen für einen „Tarifvertrag Entlastung“, der im Wesentlichen die Personalbemessung in den Krankenhäusern zum Inhalt hat. Dazu sollen vor Ort, also in den Bundesländern, Kommunen und Gemeinden, Bündnisse gebildet werden, welche diese Auseinandersetzung positiv begleiten. Die DKP möchte sich darin einbringen, fordert sie doch auch mit ihren Sofortforderungen wesentliche Verbesserungen im Gesundheitssystem.
Aufgrund der Erfahrungswerte in der Vergangenheit findet das Forum nur eintägig statt. Über die Mitglieder der Kommission Betriebs- und Gewerkschaftspolitik der DKP hinaus sind weitere aktive Genossinnen und Genossen aus Betrieb und Gewerkschaft herzlich eingeladen. Aber auch Genossinnen und Genossen aus Wohngebietsgruppen, die sich eine aktive Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen vor Ort bei ihrem Kampf um eine Personalbemessung vorstellen können, sind herzlich gesehen.
Stattfinden wird das Forum am Samstag, dem 3. September. Der Ort wird rechtzeitig gesondert bekanntgegeben. Beginn um 11.00 Uhr, Einlass ab 10.30 Uhr, Ende um 17.00 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten: dkp.pv@t-online.de.
UZ: Die Charité hat einen Tarifvertrag zu Personalstandards bzw. Personalbemessung abgeschlossen. Was bedeutet dies für die 2 000 Krankenhäuser in der Republik und wie will ver.di flächendeckend einen Tarifvertrag zur Entlastung erreichen?
Hilke Sauthof-Schäfer: Der Abschluss in der Charité hat bundesweit in den Krankhäusern zur Diskussion geführt: „Warum können wir das nicht auch?“ Es gibt in vielen Regionen Aktivitäten der Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern zur Klärung, wie eine Auseinandersetzung zum Thema Personalstandards angegangen werden kann.
Das Thema Personalnotstand ist das, was alle Kolleginnen und Kollegen betrifft und aus unserer Sicht auch mobilisierungsfähig ist. Dies müssen wir jetzt koordinieren und gemeinsame Forderungen aufstellen.
Unser Ziel ist, dass gesetzlich verankert wird, wieviel qualifiziertes Personal für die Versorgung der Patienten festgeschrieben wird. Das betrifft die Pflege, aber auch alle anderen Berufsgruppen im Krankenhaus (Labor, Röntgenabteilung, Verwaltung, Reinigung etc.).
UZ: Wie sollen die Forderungen aussehen?
Hilke Sauthof-Schäfer: Es gibt Klarheiten über Forderungen, die sich auf die Besetzung von Stationen beziehen. Auf Intensivstationen sollte für zwei Patienten eine qualifizierte Pflegekraft zur Verfügung stehen, zur Zeit sind es manchmal bis zu fünf Patienten. Für den Nachtdienst lautet die Forderung: „Keine Nacht mehr allein.“ Oft betreut heute eine Pflegekraft bis zu 35 oder gar 40 Patienten.
Aber auch klare Regelungen für die Betriebsräte bzw. Mitbestimmungsorgane sind erforderlich, so dass sie bei der Stellenfestlegung für die einzelnen Bereiche auch Einfluss nehmen können und bei Nichteinhaltung Betten geschlossen werden.
Eine weitere Forderung ist: Supervision für alle KollegInnen, die einen Bedarf haben und somit den Anspruch, das Erlebte auch professionell bearbeiten zu können. Die tägliche Konfrontation mit Leid und Tod kann nicht einfach so weggesteckt werden.
UZ: Welche Schwierigkeiten siehst du?
Hilke Sauthof-Schäfer: Das Problem ist, dass wir nicht nur bei einem Träger, wie z. B. den kommunalen Häusern, die Auseinandersetzung führen müssen, sondern auch bei privaten, kirchlichen und anderen gemeinnützigen Krankenhäusern. Daher müssen wir die Forderungen so aufstellen, dass sie überall anwendbar sind.
Außerdem gibt es unter den KollegInnen immer wieder die Diskussion, dass man doch die Patienten und die Kollegen nicht im Stich lassen kann.
Daher wird intensiv in den Kliniken diskutiert, wie man in Anlehnung an die Charité bei anzunehmenden Streikmaßnahmen zur Durchsetzung Betten und Stationen schließt, so dass die KollegInnen in keinen Konflikt geraten.
UZ: Der Personalnotstand ist ja nicht nur ein Problem für die Beschäftigten. Immer wieder wird von Zuständen z. B. der Hygiene berichtet, die unhaltbar sind. Wie kann weiter Öffentlichkeit hergestellt werden?
Hilke Sauthof-Schäfer: Die jetzt schon stattfindende öffentliche Diskussion über Hygienemängel ist ein Ausdruck dessen, was in den letzten Jahren an Personalkürzungen und Outsourcing stattgefunden hat. Es wird deutlich und auch öffentlich zur Kenntnis genommen, dass es wohl ein Problem in unseren Krankenhäusern gibt – endlich!
Es zeigt was für Auswirkungen die gesetzliche Entwicklung hat und dass diese schnellstmöglich wieder rückgängig gemacht werden muss. Gesundheitsversorgung kann nicht unter Gewinnmaximierung und Renditeforderungen von Aktionären stehen. Sie ist eine staatliche Aufgabe, und jeder hat das Recht auf die beste Gesundheitsversorgung.
Unsere kontinuierliche Arbeit in den letzten Jahren „162 000 Stellen fehlen“, „Keine Nacht allein arbeiten“ und die Aktionen in den Häusern hat schon viel Öffentlichkeit hergestellt und muss jetzt noch weiter gehen.
Wir versuchen zur Zeit in vielen Städten und Gemeinden Bündnisse aufzubauen mit dem Slogan „Bündnis für mehr Personal und Personalstandards in den Kliniken“ für Stadt oder Kreis, wie das auch in Berlin oder im Saarland geschehen ist.
Vernetzen und gegenseitig unterstützen, Öffentlichkeit herstellen und weitere Aktionen im Herbst und Frühjahr 2017 bis zu Tarifauseinandersetzungen ist das, was wir uns vorgenommen haben. Es wird eine spannende Zeit! Ich freue mich drauf.