„Internationaler Klassenkampf“ bedeutet von links: Kampf der weltweiten brutalen Ausbeutung, die der Imperialismus als „Arbeitsteilung“ kaschiert. Gewalt, globale wie nationale, tritt da auf als „Tausch“ und „Handel“. Staaten mit mehr Arbeitskraft und Rohstoffen als Kapital sollen sich vor kapitalstärkeren beugen. Kein Staat hat heute die Macht, diese internationale „Arbeitsteilung“ im Handstreich abzuschaffen. Nationale Durchbrüche in dieser Richtung bleiben vielmehr bedrängt vom Weltmarkt, der größten Ausbeutungseinrichtung. Die Spaltung aller Menschen, die kein Kapital besitzen, sortiert und reduziert sie erbarmungslos: Willst du Muskelkrämpfe in der Werkshalle oder Stumpfsinn am Bildschirm, Fachidiotie an der Uni oder ödes Dasein als zweibeinige Saat- und Erntemaschine auf dem Land?
Wer das alles ändern will, braucht einen Sozialismus, der die Leute möglichst vielseitig ausbildet und zur Selbstregierung ermächtigt. Die chinesische KP hat zwischen 1949 und 1978 die Analphabetismusrate im Land von 80 auf 25 Prozent gedrückt. Seither ist diese Mühe tapfer fortgesetzt worden, man gelangte bis auf niedrige drei Prozent. Die durchschnittliche Schulzeit der arbeitenden Bevölkerung liegt bei acht bis zehn Jahren. 1978 war das nur etwa die Hälfte. Während nun aber in unseren Tagen im Westen die letzten Daseinsabsicherungs-Einrichtungen kassiert, die letzten Lauben plattgemacht, die letzten selbstständigen Berufe den Banken zum Fraß vorgeworfen und die letzten Chancen sozialer Mobilität ausgelöscht werden, muss Chinas KP, wenn sie nicht entmachtet und zertrümmert werden will, an jeder Schraube der Produktion drehen und jedes Relais nutzen, wenn ihr das auch nur etwas Luft verschafft.
Anstatt jedoch in dieser Lage das große sozialistische Ziel der Aufhebung des Chancengefälles zwischen Stadt und Land aus den Augen zu verlieren, baut sie Datencenter zwischen Dörfer und ermutigt Versuche der dortigen Bevölkerung, sich durch vernetzte Nutzung der Informationstechnik (und hoffentlich bald: avancierter Robotik) von der Naturknechtschaft im Jahreszeitenwechsel zu emanzipieren. Lenin konnte so etwas nicht kennen; aber es atmet denselben Geist wie seine Feststellung, wenn man nur genug Traktoren und Ausbildungspersonal aufs Land schaffen könnte, würde auch der Mittelbauer sagen: „Ich bin für den Kommunismus.“ Im selben Zusammenhang erinnerte er freilich daran, dass die internationale Bourgeoisie nichts unversucht lassen würde, den Spielraum für jede neue, jede sozialistische Form der Produktivkraftentwicklung und Selbstermächtigung zu nichts zusammenzuquetschen. Lenin wusste, dass „Sozialismus“ keine Kolonne blanker Zahlen ist, die vor gesellschaftswissenschaftlichen Definitionen strammsteht. Es geht um den Umschlag messbarer Quantitäten (von der Produktivität über die Alphabetisierung bis zur Armutsreduktion) in eine neue Qualität des Wirtschaftens und Verwaltens.
Als Karl Kautsky seinerzeit behauptete, er habe errechnet, dass die Bolschewiki sich ökonomisch nicht würden halten können, versetzte ihm Rosa Luxemburg einen verdienten Kinnhaken mit der Bemerkung, solche Kalkulationen seien nur dazu da, die „hundsjämmerliche“ Verzagtheit einer westlichen Sozialdemokratie zu bemänteln, die lieber den Kämpfenden an anderen Fronten Noten gab als jede Sekunde zu nutzen, dem Hauptfeind so unerträglich wie möglich zu werden.
Es gibt in China äußerst reiche Leute. Sie stehen nach wie vor unter politischem Druck, ihre Kennzahlen-Erfolge mit sozialem Gebrauchswert zu vermitteln. Wer diesen Druck von hier aus erhöhen will, im Interesse sozialistischer Chancen, ist verpflichtet zu rastlosem, tätigem Kampf in Theorie und Praxis gegen Dow Chemical, BASF, Microsoft, BlackRock, Krauss-Maffei, Google und wie die teuflischen Banden sonst heißen mögen.