Bis Ende 2027 will Ford in Deutschland 2.900 Beschäftigte auf die Straße setzen. Darüber informierte der Automobilkonzern letzte Woche auf einer Betriebsversammlung die Belegschaft. Ford beschäftigt derzeit noch knapp 12.000 Menschen.
Betriebsratsmitglied Benjamin Gruschka sprach von „einem brutalen Abbauplan“. Dies sei keine „typische Verkleinerung“ mehr, sondern viel verheerender, da ganze Abteilungen geschlossen werden würden. Anscheinend steht alles außerhalb des Kerngeschäfts – Autos bauen und entwickeln – auf dem Prüfstand. Nebengeschäfte und Anhängsel zum Ablauf der Produktion – zum Beispiel „fertigungsnahe Dienstleistungen“ – sollen privatisiert und ausgelagert werden. Aber auch im „Kern“ gilt momentan Kurzarbeit, produziert wird nur noch jede zweite Woche.
Die Beschäftigten haben Erfahrungen damit gemacht, was der Konzern unter den bereits erwähnten „typischen Verkleinerungen“ versteht. In den letzten Jahren gab es immer wieder Meldungen zu Auseinandersetzungen um verschiedene Werke. So wurde das Werk im belgischen Genk 2014 zugemacht. Das Werk in Saarlouis stellt die Produktion im November 2025 ein. Und Mitte des Jahres war der Standort Valencia das letzte Mal in den Schlagzeilen – natürlich wegen Stellenabbau.
Auch das Werk in Köln steht immer wieder im Fokus von sogenannten Sparmaßnahmen. Hier befindet sich die Europazentrale des US-amerikanischen Autobauers. Zuletzt wurde im Februar 2023 in Köln eine „Zukunftsvereinbarung“ mit dem Betriebsrat geschlossen. Betriebsbedingte Kündigungen sollten bis 2032 vom Tisch sein, das wurde mit Abfindungsverträgen erkauft. Damals wurde vom Betriebsrat kritisiert, dass es immer noch keine echte Mitbestimmung bei der Zukunft der Produktion und des Unternehmens gebe.
So leicht gibt die Kapitalseite die Kontrolle nicht aus der Hand. Keine zwei Jahre später ist die „Zukunftsvereinbarung“ schon wieder hinfällig durch die jetzt angekündigten Massenentlassungen.
Das Kapital geht – ähnlich wie bei Thyssenkrupp Steel und VW – an das Silberbesteck der Sozialpartnerschaft. Gruschka berichtete am 20. September auf einer Pressekonferenz von einem Bruch der Sozialpartnerschaft, wie er ihn noch nicht erlebt habe.
Die Sicherheit, in Deutschland ungestört produzieren zu können, wird die Kapitalseite nicht ohne Not aufgeben. Die vielen „kleinen“ Maßnahmen scheinen nicht mehr auszureichen, um die Auswirkungen der Überproduktionskrise zu händeln. Zusätzlich wird es angesichts der internationalen Konkurrenz zunehmend schwieriger, überschüssige Fahrzeuge über den Export loszuschlagen.
Während man den Automobilproduzenten in Deutschland immer wieder ein Verschlafen bei der Elektromobilität vorwirft, zögern diese keine Sekunde, in diese Richtung umzuschwenken und dabei den Druck auf die Belegschaften massiv zu erhöhen. Das Kapital setzt dabei nicht mehr auf Kompromisse, sondern kehrt zurück zum Prinzip, als „Herr im Haus“ gegenüber den Beschäftigten seine Interessen durchsetzen zu können. Thyssenkrupp Steel und die Automobilbranche sind Pilotprojekte für die Senkung der Löhne und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Dies wird bei erfolgreicher Durchsetzung die ganze Arbeiterklasse erfassen.
Kerstin Klein, 1. Bevollmächtige der IG Metall Köln-Leverkusen, sprach in der Pressekonferenz davon, dass alle Parteien und politisch Verantwortlichen jetzt die Möglichkeit hätten zu zeigen, auf welcher Seite sie stehen. An dieser Stelle sei an einen Artikel der Landesverfassung NRW erinnert: „Jedermann hat ein Recht auf Arbeit.“ Die Durchsetzung dieses Rechts wird allerdings nicht durch den Landtag in Düsseldorf erfolgen, sondern davon abhängen, was die organisierten Belegschaften erkämpfen können. Den Ford-Beschäftigten steht – wie ihren Kolleginnen und Kollegen bei Thyssenkrupp Steel und VW – ein harter Kampf bevor. Auf Politikerversprechen und Vereinbarungen mit dem Konzern (siehe Februar 2023) ist jedenfalls kein Verlass.