„Künstliche Intelligenz“ bringt Milliarden für deutsche Unternehmer

Das Kapital formuliert Begehrlichkeiten

Von Stefan Kühner

Doch was ist diese künstliche Intelligenz eigentlich?

Künstliche Intelligenz ist ein Teil der Informationstechnik, in der Software, die Inhalte riesiger Datenbanken (sogenannte Big Data), Sensorik, Elektronik und andere Hightech-Systeme zusammenwirken. Eine klare Definition, was Künstliche Intelligenz ist, gibt es nicht, denn es gibt ja nicht einmal eine klare Definition von Intelligenz. KI-Experten erklären deshalb ihr Tun gerne an Beispielen. Genannt werden das „automatische Fahren“ bei Autos oder Roboter, die Operationen sehr präzise durchführen können. Erstmals verwendet wurde der Begriff „künstliche Intelligenz“ in den 1960er Jahren von Georg Klaus, Mathematiker, Kybernetiker, Schachspieler und Philosoph, in der DDR. Ob diese Technik dem Menschen nütze oder nicht, beantwortete er kurz vor seinem Tod im Jahr 1974: „Diese Fragestellung – und das macht den Unterschied aus – hat in einer kapitalistischen Umwelt einen anderen Charakter als in einer sozialistischen Welt.“

Mit enormem medialem Tamtam zelebrierte die Bundesregierung in der vergangenen Woche einen Digitalgipfel. Thema war Künstliche Intelligenz (KI). Die Bundeskanzlerin sowie die Minister Karliczek, Altmeier, Heil, Barley und Scheuer forderten mit einer Stimme: „Wir wollen Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort machen und so zur Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beitragen“. So heißt es auch in einem Strategiepapier der Bundesregierung, das bereits am 15. November vorgelegt worden war. Für deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute sollen in den nächsten sechs Jahren dafür sechs Milliarden Euro bereitgestellt werden. Drei Milliarden sollen unmittelbar aus Steuermitteln kommen.

Dem Chef des Unternehmensverbandes Bitkom, Andreas Berg, reicht dies allerdings immer noch nicht, er forderte mehr. „Enttäuscht“ formuliert er: „Die geplanten drei Milliarden Euro bis 2025 aus dem Bundeshaushalt zur Förderung von KI entsprechen 500 Millionen Euro pro Jahr und damit bei Weitem nicht der erkannten und formulierten Bedeutung von KI für Wachstum und Wohlstand. Wir sollten eher in Milliarden und nicht in Millionen denken.“ Er lamentiert weiter: „Insbesondere im Vergleich mit den USA und China sind die Summen nicht ausreichend.“ Ähnlich der Bundesverband der Deutschen Industrie: „Bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz muss Deutschland mehr Tempo machen.“

Die maßlosen Forderungen der Unternehmer haben einen Grund. Die Boston Consulting Group (BCG) schwärmt davon, dass durch den Einsatz von KI bis 2030 eine zusätzliche Wertschöpfung von 13 Billionen Dollar möglich sei. Und Capgemini, ebenfalls eine US-amerikanische Unternehmensberatung, prognostiziert, dass allein durch die Umwandlung der Automobil-Fabriken in sogenannte „Smart Factorys“ ein Produktivitätszuwachs von 30 Prozent erzielbar sei. In Dollar ausgedrückt seien dies 160 Milliarden jährlich.

Darüber, wer über den Einsatz der Mittel inhaltlich bestimmen soll, lässt die BCG keine Zweifel. Die Springer-Zeitung „Welt“ zitiert BCG-Deutschland-Chef Carsten Kratz am 3. Dezember mit den Worten: „Wenn der Staat mit dem Digitalgipfel eine KI-Offensive startet, ist das begrüßenswert. Genauso wichtig ist, dass Unternehmen in einer von Daten getriebenen Welt Verantwortung übernehmen. Sie müssen klar definieren, wohin die Reise geht, damit sie mit KI erfolgreich sind.“ Von den Interessen der Beschäftigten ist hier nichts zu lesen. Es geht um riesige Profite. Diese winken aber erst, wenn man kräftig in die neuen Techniken investiert. Diese Investitionsmittel möchten die Konzerne nicht selber tragen. Das soll der Staat tun.

Die jetzt bereitgestellten Milliarden sind bei weitem nicht alles Geld, das für die KI-Forschung ausgegeben wird. Die Summe gibt‘s obendrauf, auf bereits gewährte Mittel. Wichtigstes, aber nicht einziges Zentrum der KI-Forschung in Deutschland ist das DFKI. Es ist mit zirka 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon 560 Wissenschaftler und über 430 studentische Mitarbeiter, das weltweit größte Forschungszentrum auf dem Gebiet der KI. Die Finanzierung erfolgt vor allem über öffentlicher Mittel.

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"Das Kapital formuliert Begehrlichkeiten", UZ vom 14. Dezember 2018



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