Die Angst vor und der Hass auf das „Andere“, äußere es sich in Hautfarbe oder Religion oder sexueller Orientierung, ist Erbe seit den Tagen der Pioniere und so amerikanisch wie Apfelkuchen. Trumps egomane Selbstinszenierungen folgen den klassischen Vorlagen faschistischen Führerkults: Er pflegt das Bild des Aufsteigers aus kleinen Verhältnissen – das nicht stimmt – und die religiös grundierte Erlöserpose.
Wie die historischen faschistischen „Größen“ braucht er die großen Gesten und die Aufwertung durch äußeren Schmuck – in seinem Fall sind das nicht Phantasieuniformen und selbstverliehene Orden, sondern die warenförmig zugerichtete Frauendarstellerin an seiner Seite beziehungsweise zwei Schritte hinter ihm – ebenso wie sein offener Sexismus eine Ausstellung seiner behaupteten Potenz. Dass so viele hohe aktive und pensionierte Militärs hinter ihm stehen ist ein weiteres Machtsymbol.
Das kommt zusammen, um seine Anhänger hinter dem Mussolini aus Queens zu scharen. Die kann man sich vorstellen als Angstbeißer, die für alles, was ihnen nicht gelingt oder ihren Status bedroht, ein halluziniertes System verantwortlich machen und sich um ihren Anteil am Reichtum betrogen fühlen. „Leg den Sumpf trocken“, lauteten die Sprechchöre seiner Anhänger direkt nach der Wahl. Ihre Vorstellung ist, dass für Verfall von ganzen Städten, Arbeitslosigkeit, Entwertung von Ersparnissen, Export von Arbeitsplätzen ein abgehobenes Establishment, eine „Elite“ verantwortlich zu machen ist. „Liberal“ ist in diesem Sinn ein Schimpfwort, das sich in seiner Bedeutung mit „Sozialist“ oder gar „Kommunist“ deckt. Hier zeigt sich ein Antiintellektualismus, der mit der Idealisierung einer vorgeblich besseren Vergangenheit einhergeht. Sie identifizieren sich mit der Figur des Führers der Nation und sind gern bereit, ihm die großen Lügen, die er in wenigen Tweet-Zeichen verbreitet, zu glauben. Denn auch dies ein Rezept aus dem Kochbuch des Faschismus: Je größer die Lüge, desto eher wird sie geglaubt. „Amerika“ wieder groß zu machen, das ist für Trumps Basis das Versprechen, dass von dem „großen Amerika“ ein paar Krümel für sie vom Tisch fallen. Die Individuen, die diese inhomogene Masse bilden, entsprechen ziemlich genau dem Typus der „autoritären Persönlichkeit“, den ein Frankfurter Schulmeister vor 70 Jahren zusammenadornierte.
Ist Donald Trump also ein Faschist? Als Person entspricht er wie seine Anhängerschaft dem Bild. Aber Faschismus ist nicht Psychologie. Er hat eine unabdingbare Voraussetzung, um zur Herrschaft zu gelangen: das ist das Einverständnis relevanter Teile der herrschenden Klasse.
Trump unterschätzt das „Establishment“, wenn er glaubt, ein Präsident der Vereinigten Staaten könne sich dessen Vorgaben entziehen. Das Geflecht aus politischen Gremien, Justiz, Verwaltung, Geheimdiensten und Leitmedien ist fest in der Hand des „Establishment“ – und es ist schon aufs Äußerste gereizt, weil es seine Kandidatin bei der Wahl nicht durchsetzen konnte. Die herrschende Klasse der USA geht davon aus, dass „westliche Demokratie“ immer noch besser zu ihren Zwecken passt als die nackte Diktatur. Die Illusion, die Massen würden entscheiden, wer das Land führt, die Maske von Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Rechten hat bisher den Profit eher gefördert und soll also noch eine Zeit bleiben.
Auf der anderen Seite bilden die Minderheiten, die Trump angreift, zusammen eine Mehrheit. Sie finden zusammen und sie finden ihre Stimme, wie der zunehmende demokratische Widerstand belegt. Dass Trump gegen diese Kräfte eine ganze Periode durchhält, ist zum Glück nicht zu erwarten.