Der zwölfjährige Emil ist ganz aufgeregt – aus der heimatlichen Kleinstadt fährt er das erste Mal nach Berlin, um Verwandte zu besuchen. Und das auch noch ganz allein! Doch schon im Zug geht das schief, was auf keinen Fall schief gehen durfte: Emil wird von einem Mitreisenden bestohlen! 140 Mark hatte Emil von seiner Mutter mitbekommen, um sie der Oma zu geben. Sorgfältig hatte er sie an die Innenseite seiner Jackentasche gepinnt, aber der Mann, der sich Grundeis nennt, hat sie trotzdem geklaut. Dummerweise hat Emil zu Hause in Neustadt was ausgefressen, zur Polizei kann er deswegen nicht. Und so nimmt er selbst ab dem unübersichtlichen Bahnhof Zoo die Verfolgung des „Herrn im steifen Hut“ auf.
So beginnt eins der wohl bekanntesten deutschen Kinderbücher: Erich Kästners „Emil und die Detektive“. Kästner eröffnet mit diesem Roman ein neues Kapitel in der Geschichte des Kinderbuches. Nicht nur kommt er ab von den moralisierenden Geschichten, die (wie in den klassischen deutschen Märchen) Kinder – oft durch das Schüren von Angst – zu „korrektem“ Verhalten bewegen wollten. Er wählt auch eine neue Sprache: Kindgerecht, von Umgangssprache durchzogen, und lässt Kinder als handelnde Subjekte in Milieus agieren, die es so (oder ganz ähnlich) gibt.
Das erste „moderne Kinderbuch“, wie es die Literaturwissenschaft nennt, hat dabei nicht nur Standards in der Erzählweise und im Ernstnehmen der jungen Leserinnen und Leser gesetzt, sondern auch bis heute im Genre „Kinderdetektivroman“ unverrückbare Ermittlungsmethoden ersonnen. Oder wer denkt bei der „Telefonlawine“ der (in den USA erfundenen) „Drei Fragezeichen“ nicht sofort an die „Parole Emil!“?
Trotz aller inhaltlichen Beschränktheit des bürgerlichen Kinderbuchs klingt in „Emil und die Detektive“ an, was Kinderbücher können, wenn sie ihre Leserinnen und Leser ernst nehmen. Und ein großes Vergnügen ist der 1929 erschienene Roman auch heute noch. Auch und gerade für Kinder. Woher ich das weiß? UZ hat Hanna und Antonia gebeten ihn zu lesen und ihre Eindrücke aufzuschreiben.
Ich fand es gut, dass die Jugendlichen Verantwortung tragen und wissen, was gut und was schlecht ist.
Davor hatten Kinder- und Jugendbücher das Ziel, die Jugendlichen zu erziehen und den Kindern zu drohen, nichts Falsches zu tun. Kästner aber gab den Jugendlichen das Vertrauen, dass sie es schon richtig machen.
Auch finde ich es toll, dass man die Geschichte sowohl als Kind oder Jugendlicher, aber auch noch als Erwachsener gut lesen kann. Die gut geschriebene Detektivgeschichte und die Charaktere fand ich auch super. Schön war auch, dass Emil so schnell Freunde gefunden hat.
Etwas schade finde ich, dass die heutige entschärfte Version extrem von Erich Kästners Vorlage abweicht. Ich finde, die Charaktere wurden verändert.
Auch wurden ein paar Beschreibungen beziehungsweise Details weggelassen. Ich habe beide Versionen gelesen.
Hanna, 12 Jahre
Mir hat an dem Buch gefallen, dass es so abwechslungsreich geschrieben ist. Zum Beispiel beim Traum von Emil im Zug hat Kästner ein ganzes Kapitel genutzt und alles genau beschrieben. Auch hat er viel Phantasie in das Buch gesteckt und ganz verschiedene Leute im Buch vorgestellt. Er hat auch die Hauptfiguren gezeichnet als Bild und zu jedem einen kurzen Text geschrieben. Dann kann man sie sich gut vorstellen. Durch die Bilder konnte man sich gut in die Geschichte eindenken und musste sich nicht alles komplett selbst ausdenken. Die Detektivgeschichte ist sehr mitreißend, weil die Kinder viele Abenteuer erleben und sich vieles trauen.
Nicht so gut gefallen hat mir, dass ich manchmal verwirrt wurde, weil ich nicht wusste, welche von den Figuren sprach. Manchmal bin ich auch mit der Geschichte nicht hinterhergekommen. Trotzdem ist es ein sehr schönes Buch und ich kann es nur weiterempfehlen. Das Buch ist 1929 erschienen, also 95 Jahre alt – aber diesen Altersunterschied merkt man nicht.
Antonia, 12 Jahre
Erich Kästner
Emil und die Detektive
Atrium Verlag
176 Seiten, ca 14 Euro