Amazon und McDonald‘s gehören zu den gefährlichsten Arbeitgebern der USA

Das dreckige Dutzend

Von Mark Gruenberg, People‘s World, USA

Amazon und McDonald‘s sind zwei der größten, mächtigsten und bekanntesten Unternehmen der USA. Sie gehören zum „dreckigen Dutzend“ („Dirty Dozen“), einer Liste von Firmen, die Gesetzesbrecher bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz aufführt. Diese wurde am 25. April vom National Council on Occupational Safety and Health (NACOSH) vorgestellt.

Amazon und McDonald‘s widersetzen sich vehement gegen den Kampf um 15 US-Dollar Mindestlohn und gegen die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten in Amazon-Warenhäusern und McDonalds-Restaurants.

NACOSH veröffentlichte die „Dirty Dozen“-Liste kurz vor dem Workers Memorial Day am 28. April. An diesem Tag unterbrechen Arbeiter in den USA ihre Arbeit, um sich an die 5 147 bei der Arbeit getöteten Kollegen und die zehntausenden Verletzten zu erinnern, die allein im Jahr 2017 – dem letzten Jahr, für das Daten verfügbar sind – Opfer von Arbeitsunfällen wurden. Dazu kommen 95000 Arbeiter, die an arbeitsbedingten Krankheiten gestorben sind. Die Arbeitsschutzbehörden sind dermaßen unterfinanziert und unterbesetzt, dass sie jeden einzelnen der neun Millionen US-amerikanischen Arbeitsplätze nur etwa alle 158 Jahre aufsuchen und kontrollieren können. Die nicht-staatlichen Kontrollgremien sind etwas besser aufgestellt.

„Wir können unsere Arbeitsplätze sicherer machen – wenn wir den Arbeitern zuhören und Maßnahmen ergreifen, um Gefahren am Arbeitsplatz zu reduzieren“, sagte Marcy Goldstein-Gelb, Stellvertretende Geschäftsführerin von NACOSH in einer Telefonpressekonferenz. „Es gibt keinen Grund, unverantwortliches Verhalten von Arbeitgebern zu tolerieren, die keinen sicheren Arbeitsplatz bieten und Arbeiter und Familien dazu zwingen, den Preis zu zahlen.“

Zum ersten Mal thematisierte NACOSH auch das emotionale und körperliche Trauma von Arbeitern, die unter sexueller Belästigung, Gewalt und Vergewaltigung leiden. Sexuelle Belästigung brachte die ehemalige McDonald‘s-Arbeiterin Barbara Johnson in St. Louis dazu, sich öffentlich zu wehren. Sie ist außerdem führend in der „Fight for 15“-Kampagne für einen höheren Mindestlohn, die auch die Zulassung einer gewerkschaftlichen Vertretung bei der bekanntermaßen gewerkschaftsfeindlichen Fast-Food-Kette fordert.

Johnson beschrieb, wie ihr Schichtleiter sie in ein Hinterzimmer führte, nachdem sie nur eine kurze Zeit bei McDonald‘s beschäftigt war, „und sich selbst entblößte“.

„Er sagte mir später, ich hätte gute Brüste“, sagte sie. Sie bat bei Vorgesetzten um einen Schichtwechsel, weg von der Nachtschicht. Das wurde ihr zugestanden – für zwei Wochen.

Mehr als 24 weitere Beschäftigte haben bundesweit ähnliche Beschwerden gegen McDonald‘s eingereicht. „Ich möchte sicherstellen, dass andere Kolleginnen und Kollegen nicht so leiden müssen wie ich“, sagte Johnson. Die sexuelle Belästigung und der niedrige Lohn motivierten sie, zur Befürworterin von „Fight for 15“ zu werden. „Gewerkschaften können McDonald‘s zur Rechenschaft ziehen“, sagte Johnson.

David Jamel-Williams, ein ehemaliger Amazon-Lagerarbeiter in Edison, New Jersey, spricht von einem unsicheren Arbeitsumfeld – er verlor bei einem Arbeitsunfall ein Auge. Übliches Phänomen bei Amazon und anderswo: Bosse drängen Arbeiter dazu, Arbeitsunfälle zu verharmlosen und gar nicht erst zu melden. Tun sie dies dennoch, drohen Vergeltungsmaßnahmen. Amazon ist Wiederholungstäter und zum wiederholten Mal auf der Dirty-Dozen-Liste, sagt Goldstein-Gelb. Seit 2013 gab es 13 Todesfälle und einen hohen Anteil an Selbstmordversuchen.

„Wir haben regulär 10 Stunden mit wenig Pausen gearbeitet – und sie (die Manager) haben sogar dagegen verstoßen.“ Der Bericht stellt fest, dass Amazon-Arbeiter so wenig Zeit für ihre Grundbedürfnisse hatten, dass viele sich gezwungen sahen, während der Arbeit in Flaschen zu urinieren.

Jamel-Williams erklärt, dass Amazon-Arbeiter, die Behälter mit Waren beladen, oft gezwungen sind, die Sicherheitsnormen zu missachten, „weil sie unter enormem Druck stehen“. In Edison trat daher eine gefährliche Chemikalie aus einem Produkt aus, die Jamel-Williams ins Gesicht spritzte. Es kostete ihn die Sehkraft auf einem Auge.

„Ich habe es meinem Manager gemeldet. Er wollte, dass ich mir das Gesicht wasche und zur Arbeit gehe.“ Der Manager ließ Jamel-Williams „widerstrebend“ in die Personalabteilung gehen, um die Verletzung zu melden und sich behandeln zu lassen. Dann forderte der Manager, dass er wieder zur Arbeit gehen sollte – und „ein Formular unterzeichnen“. Damit sollte er schriftlich bestätigen, dass der Fall abgeschlossen sei und Amazon keine Verantwortung trage.

Jamel-Williams lehnte das ab. Er verlangte eine Kopie des ursprünglichen ärztlichen Gutachtens, um seine Verletzung zu dokumentieren. Er bekam dies schließlich, zusammen mit einer erneuten Aufforderung, das zweite Formular zu unterschreiben. Er lehnte wieder ab und begann dann später mit Kollegen über Gewerkschaftsarbeit zu sprechen. Er erhielt negative Reaktionen und wurde dann gefeuert, „weil er seinen unbezahlten Urlaub missbraucht hat“.

„Ich glaube nicht nur, dass eine Gewerkschaft für uns von Vorteil wäre, sondern auch für das Unternehmen.“ Die Gewerkschaft setzt sich für den Arbeitsschutz und einen entsprechenden betrieblichen Ausschuss ein, wo Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz diskutiert und gestoppt werden können, bevor Arbeiter verletzt oder getötet werden.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Das dreckige Dutzend", UZ vom 10. Mai 2019



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flagge.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit