Ohne Abwehr, ohne Wodka

Dankeschön

Spiele am Samstagabend sind eigentlich cool. Gartenbro A. aber war verhindert, seine Dame hatte das Wahlrecht beim Kulturprogramm. Dafür erschien Arbeitskumpel D. aus dem fernen Essen, um die Borussia siegen zu sehen. Am Tisch herrschte eher so mittelmäßige Stimmung, die schöne M. redete zwar, aber wenig die Intelligenz Belastendes, und schon gar nicht in meine Richtung. Das Spiel war bis zur 80. Minute okay, vorne hui und hinten pfui, wie gehabt. Erst führte Leverkusen, dann Dortmund, und bis zur besagten Minute war es ein vogelfreies, aber annehmbares Scharmützel. Dann aber schlief Dortmund komplett ein, die Defensive ging zu Kaffee und Kuchen über und Bayer machte in zwei Minuten zwei Tore zum 4:3. Trainer Favre rutschte das Teilchen aus dem Gesicht, wir am Tisch waren gleichfalls bedient. Den Gratis-Wodka zum Sieg konnten wir uns jetzt auch abschminken. Dankeschön.

Was den BVB angeht, herrscht bei mir das gleiche Unverständnis wie bei den meisten Dortmund- Fans: Mit dieser Star-Truppe musst du eigentlich jeden Gegner – außer Bayern München – in der Bundesliga an die Wand spielen. Jeden. Stattdessen verlieren wir im Pokal gegen einen möglichen Absteiger (Werder Bremen) und geben in Leverkusen völlig ohne Sinn und Verstand ein 3:2 aus der Hand. Ich kann Lucien Favre auch nicht mehr hören, seine genuschelten „Erklärungen“ sind grausam. Ich bin mir aber relativ sicher, dass er seinen Spielern weder Defensivarbeit noch Zweikämpfe untersagt. Und der neue Wunderverteidiger Emre Can? Macht vorne ein Traumtor aus 31 Metern in den Winkel, um kurze Zeit später hinten auch nicht mehr helfen zu können. Wir hatten fertig mit Fußball und zogen noch ins Missin Link zu Billard und Bier, wo es äußerst chaotisch zuging, was den Abend ein bisschen rettete. Ich steh ja auf so etwas. Dankeschön.

Und sonst? Gibt es immer mehr Graupenspiele in der Liga. „Weltclub“ Hertha? 1:3 gegen Mainz. Zu Hause. Peinlich. Schalke 04? 1:1 gegen Paderborn. Zu Hause. Wolfsburg gegen Düsseldorf? 1:1. Zu Hause. Bremen gegen Union Berlin? 0:2. Zu Hause. Puh. Für die Eisernen von Union freut es mich ja, aber Clubs wie Düsseldorf, Bremen oder Paderborn sind schon wirklich schlecht und Hertha BSC mit Supermann Klinsi hat bisher einfach nur Glück, dass andere noch schwächer sind. Bundesligatauglich ist das nicht, was die in Berlin den Zuschauern bieten. Da geht man zum Fußballgucken ins Stadion und die eigene Mannschaft spielt nicht mit – im wahrsten Sinne des Wortes. Und alle so: Dankeschön.

Sonntags kam „Sabine“ zu Besuch und hatte schlechte Laune: Sie warf Mülleimer um, schleuderte Blumenkübel durch die Straßen und entwurzelte Bäume. Hui! Ich machte bei noch zarten 60 Stundenkilometer-Böen die Laube sicher und schmiss mich darauf wacker in die heiße Wanne. Topspiel gucken? Bayern gegen Leipzig? Ich hatte keinerlei Argumente, mir das anzutun. Für wen sollte ich da auch sein? Immerhin, es ging wunschgemäß zu Ende: Null zu null. Mein Traum wären noch 13 rote Karten gewesen, auf beiden Seiten, aber wen interessieren schon meine Träume? Den BVB nicht und die schöne M. schon lange nicht. Zusammengefasst: Dankeschön.

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"Dankeschön", UZ vom 14. Februar 2020



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