Ausgerechnet zum 9. Mai wurde der Plan der EU-Kommission öffentlich, im Rahmen des 11. Sanktionspakets der EU nun auch Exportverbote gegen chinesische Unternehmen zu verhängen, die elektronische Bauteile an Russland liefern. „Das nächste Tabu fällt“, kommentierte die „FAZ“ am selben Tag zustimmend und feierte das „Verschwinden eines Tabus aus der untergehenden liberalen Epoche“. Sanktionen sollen nach dem Willen der Kommission nun nicht mehr nur die sanktionierten Staaten – also aktuell Russland – treffen, sondern auch alle anderen Staaten, die sich dem Sanktionsdiktat der USA und der EU nicht unterwerfen – also vor allem China. Diese sogenannten Sekundärsanktionen hat Brüssel bisher als völkerrechtswidrig abgelehnt. Sie wurden bislang zumindest offiziell nur von den USA verhängt. Damit soll nun Schluss sein – acht chinesische Unternehmen möchte Frau von der Leyen auf die schwarze Liste setzen, die die „liberale Epoche“, also die des unbeschränkten Welthandels, beerdigen soll. Die Antwort erfolgte schon am nächsten Tag aus dem Munde des chinesischen Außenministers Qin Gang in Anwesenheit der zunehmend hilflos wirkenden deutschen Außenministerin: Wenn es dazu käme, werde sein Land „streng und entschlossen“ reagieren.
In den Chefetagen der deutschen Exportindustrie nimmt das Muffensausen angesichts des wirtschaftlichen Crashkurses dieser Regierung zu. Das ist mehr als berechtigt – ohne den chinesischen Markt wird die hiesige Industrie ins Bodenlose fallen und die USA werden diesen Sturz nicht aufhalten.
Wer die Geschichte der vor allem von Großbritannien und den USA forcierten Sanktionspolitik im letzten Jahrhundert auch nur ein wenig kennt, hätte wissen können, dass nach einer solchen Weichenstellung über kurz oder lang zwei Dinge unter die Räder kommen: Das Recht auf Neutralität und das Recht auf freien Warenaustausch. Das vollzieht sich jetzt – und damit eine zunehmende Spaltung des Weltmarktes in den schrumpfenden Markt der alten Mächte um die USA und Westeuropa einerseits und die wachsenden Märkte Zentralchinas im engen Austausch mit Afrika und Südamerika andererseits. Deutschland bindet unter der jetzigen Regierung sein Schicksal immer enger an die abtretenden Mächte des 19. Jahrhunderts.