Die Finanzkrise in der Coronakrise wurde gleich zu Beginn entschlossen bekämpft. Schon am 4. März 2020 senkte die US-Notenbank Fed den Leitzins. Am 12. März kündigte die EZB-Chefin umfangreiche zusätzliche Wertpapierkäufe an und die Fed verkündete, sie werde per Versteigerung den Rekordbetrag von 1,5 Billionen Dollar ins Bankensystem pumpen. Es folgten Kredite, Garantien und Wertpapierkäufe für die Geschäftsbanken in aller Welt. Die Operation gelang. Die Aktienmärkte der Welt beendeten schon Ende März ihre erst im Februar aufgenommene Talfahrt. Seit damals befinden sie sich auf Erholungskurs. Fast überall wurden die alten Höchstmarken der Kurse übertroffen. Für den Durchschnitt der Aktienmärkte gilt: Die Krise ist längst überwunden.
Es wäre unfair, den Notenbankern und Notenbankerinnen zu unterstellen, sie hätten nur den weiteren Anstieg der Aktienmärkte zum Ziel. Vielmehr signalisierte die einmonatige Fallsucht der Aktien im Frühjahr vorigen Jahres die Angst der Vermögenden vor einer weltweiten Pleitewelle und einem Zusammenbruch des Finanzsystems. Immerhin hatte der Internationale Währungsfonds schon vor Eintritt der Corona-Krise davor gewarnt, dass die Verschuldung der Unternehmen in vielen Teilen der Welt ein Besorgnis erregendes Niveau erreicht habe, was bei der damals schon erkennbaren Eintrübung der Weltkonjunktur zu erheblichen Problemen führen könne. Tatsächlich trat keine Pleitewelle ein – dank der Geldspenden der Notenbanken und der unmittelbar folgenden und zusätzlichen Maßnahmen der Regierungen zahlreicher Länder.
Tatsächlich ist die riesige Geldspendenaktion der Notenbanken nur die letzte von ganz ähnlichen Maßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten. Es ist die gängige Praxis der Staaten im aktuellen Stadium des Monopolkapitalismus geworden, Krisen der kapitalistischen Verwertung mit frischem Geld zuzuschütten. Der erste, sozusagen klassische Fall war ab 1990 der Zusammenbruch der japanischen Spekulationsblase, deren Abfederung aus dem Staatshaushalt und die gelenkte Rettung der Großbanken des Landes durch frisches Notenbankgeld. Es folgte die Ostasienkrise 1998, die Dotcom- und Aktienmarktkrise 2000 bis 2003, die bisher größte Finanzkrise nach 2007, aus der sich ab 2010 die Euro-Staatsschuldenkrise entwickelte.
All diesen Krisen ist gemeinsam, dass ihnen ein Boom von Teilen der Realwirtschaft vorausging, der zu einer besonders wüsten, spekulativen Aufblähung des Finanzsektors führte. Bemerkenswert ist dabei, dass die „Heilung“ der jeweiligen Krise durch noch mehr Geld erfolgte. Die gefährdeten Positionen der Vermögenden also durch frisches Geld im System geschützt wurden. Beobachter haben dafür das treffende Bild des Heroinabhängigen gefunden, dessen Entzugserscheinungen durch eine neue Spritze vorübergehend gemildert werden. Das heißt aber nicht, dass die ursprüngliche Aufblähung des internationalen Finanzsektors aus der wachsenden Verschuldung der Staaten stammt. Vielmehr sind die wachsende Staatsverschuldung und die sprunghaft steigende Geldmenge die Folge des in der Krise plötzlich auftauchenden Geldbedarfs der Finanzvermögen.
Ist die Krise in den Zwischenperioden besänftigt, tritt der Überfluss an Geld massiv zutage. Die Zinsen sinken – unter dem Gezeter der Gläubiger, Banken, Fonds und Anlageberater – auf unter Null. Spekulanten, Groß- und Kleinunternehmen kommen an jede Menge Geld, wenn sie Projekte finanzieren wollen. Sie nehmen die Kredite auf, um den erwarteten Gewinn nach oben zu hebeln und treiben damit die sonderbare Geldvermehrung weiter an.
Wahrscheinlich wird die Erholung nach der Coronakrise kurz sein. Danach wird die kapitalistische Weltwirtschaft unter der Belastung eines riesigen Finanzapparats wieder in den stagnativen Trott niedriger Profit- und Wachstumsraten zurückfallen.