Aufnahmestopp – rechte Hetze zeigt Wirkung

Cottbus macht dicht

Von Bernd Müller

Cottbus ist inzwischen bundesweit bekannt geworden. Die zweitgrößte Stadt Brandenburgs wird derzeit als Synonym für verfehlte Integration und Ausländerfeindlichkeit gehandelt. Nach mehrfachen gewaltsamen Zusammenstößen von Flüchtlingen und Einheimischen im Januar hat die Politik reagiert und einen Zuzugsstopp für die Stadt verfügt, in der rund 100 000 Menschen leben.

Am Montag hat der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) den Aufnahmestopp verteidigt. Cottbus fehle es an Geld und Sozialarbeitern, um weitere Flüchtlinge zu versorgen, sagte Kelch im ZDF-“Morgenmagazin“. Bund und Länder hätten eine staatliche Schutzfunktion für die Kommunen. „Davon merke ich bisher zu wenig hier in Cottbus“, sagte er. Vergangenen Donnerstag äußerte sich Kelch im Innenausschuss des brandenburgischen Landtags zu den Problemen in der Stadt. Eltern von Flüchtlingskindern würden aufgrund der Sprachbarrieren teils nicht wissen, was in den Schulen vorgehe. „Wir haben schon jetzt einzelne Familien, die Sozialarbeitern den Zugang verweigern“, sagte er. Angestellte der Stadtverwaltung würden nur noch respektiert, wenn sie in Uniform in die Familien gingen, behauptete Kelch und warnte vor rechtsfreien Räumen. Frauen würden generell nicht mehr ernst genommen. Sollte es zum Familiennachzug von Flüchtlingen kommen, wäre die Stadt ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen. Nach Bekanntwerden dieser Äußerungen übten zahlreiche Sozialarbeiter in den sozialen Netzwerken Kritik. Die beschriebenen Familien seien nur die Ausnahmen und die gäbe es auch unter den Deutschen. Die meisten Flüchtlinge seien sehr dankbar für Hilfen, auch sei nichts davon zu spüren, dass weibliche Sozialarbeiter generell nicht mehr respektiert würden.

Das „Geflüchtetennetzwerk Cottbus“ gibt der Stadtverwaltung in einem offenen Brief eine Mitschuld an der Situation. „Aber aus unserer Sicht ist es unglaublich, dass die Verwaltung von der Stadt die angespitzte Situation hat eskalieren lassen, um die Zusage für die seit einem Jahr gewünschte Zuzugssperre zu bekommen“, heißt es dort. Die Stadt müsse endlich bestehende Probleme wie mangelnde Schul- und Kita-Plätze oder den Wohnungsmangel lösen. Das Geflüchtetennetzwerk weist auch auf die Berichterstattung der regionalen Tageszeitung hin, die zu einer Anspannung der Atmosphäre beigetragen hatte.

Die Zuzugssperre hatte Kelch tatsächlich Ende März letzten Jahres beim Brandenburger Innenministerium beantragt, war aber gescheitert. Damals wies der Sozialdezernent Berndt Weiße im Sozialausschuss der Stadt auf die prekäre Lage am Wohnungsmarkt hin. Preiswerte Wohnung sind nach dem großangelegten Rückbauprogramm der letzten fast 30 Jahren kaum noch zu haben. Neben den seit längerem fehlenden Schul- und Kita-Plätzen ist ein anderes Problem die finanzielle Unterstützung der Kommune durch Bund und Land. Der Zuzug von Ausländern aus anderen Landkreisen belastet den kommunalen Haushalt mit etwa 466 000 Euro, sagte Stadtsprecher Jan Gloßmann letztes Jahr gegenüber der Lausitzer Rundschau. Das komme daher, dass die Finanzmittel an die Landkreise gehen, denen die Flüchtlinge in der Erstaufnahme zugewiesen wurden. Weil Brandenburg bislang auf eine Wohnsitzauflage verzichtet, können sich Flüchtlinge nach Abschluss ihres Asylverfahrens in Brandenburg frei bewegen. Das Geld wird aber nicht an den neuen Wohnort weitergeleitet.

Der Medienrummel um Cottbus wurde auch dadurch ausgelöst, dass der rechtspopulistische Verein „Zukunft Heimat“ kürzlich rund 1 500 Menschen auf die Straße gebracht hat. Wären dabei nicht auch zwei Journalisten angegriffen worden, hätte es Cottbus wahrscheinlich gar nicht in die überregionale Presse geschafft. Denn in der Lausitz hat sich schon lange eine gefährliche Mischung aus Rechtspopulisten und Rechtsextremen etabliert. Neben der vom Verfassungsschutz als „hochgradig gewaltbereiten“ rechtsextremen Szene konnte sich die Identitäre Bewegung und die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ in Cottbus festsetzen. AfD und NPD sind im Stadtparlament vertreten.

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"Cottbus macht dicht", UZ vom 2. Februar 2018



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