Flugblatt des ver.di-Landesbezirkes NRW zum Coronabonus der Bundesregierung

Danke für nichts!

1,5 Billionen Euro wird der Staat im Zusammenhang mit der Corona-Krise laut Bundesregierung ausgeben. 750 Milliarden Euro schwer war das erste beschlossene Rettungspaket des Staates im Frühjahr. Große Summen daraus flossen in die Rettung der Wirtschaft, z.B. 9 Milliarden Euro für die Rettung der Lufthansa. Nicht ohne, dass die Lufthansa trotzdem Gehaltsverzicht von den Beschäftigten fordert und Kurzarbeit in großem Maße die Einkommen der Beschäftigten reduziert.

100 Millionen Euro Corona-Prämie ist die Gesamtsumme, die für die Zahlung von Corona-Prämien in Krankenhäusern ausgezahlt werden soll. Auch wenn das für jeden normalen Menschen alles unvorstellbare Summen sind, zeigt die Relation, wie klein das Zeichen der Anerkennung der besonderen Belastung durch die Bundesregierung ist. Es standen immer 1.000 oder 1.500 Euro im Raum. Jetzt ist der Gesamtbetrag so gering, dass er bei einem solchen Betrag nur für ausgewählte Pflegekräfte in ausgewählten Krankenhäusern reicht. Konkret: Nur etwa ein Viertel aller Krankenhäuser in NRW soll die Prämie überhaupt bekommen. Und in diesen Krankenhäusern soll nur maximal ein Viertel aller Pflegekräfte und wenige ausgewählte andere Beschäftigte die Prämie bekommen.

Die Finger sollen sich andere schmutzig machen – am besten der Personalrat

Nachdem die Bundesregierung also die Entscheidung getroffen hat, viel zu wenig Geld für eine Anerkennung der besonderen Leistungen der Beschäftigten in den vergangenen Monaten zur Verfügung zu stellen, wird es noch dreister, was die Verteilung angeht. Die Bundesregierung schreibt vor, dass es nur ausgewählte Pflegekräfte und in zu begründenden Ausnahmefällen wenige andere Beschäftigte sein dürfen, die von der Prämie etwas erhalten. Die konkrete Verteilung und Festlegung, wer wieviel Geld bekommt, soll aber der Arbeitgeber mit dem Personalrat festlegen. Das heißt, der Personalrat, der per Gesetz für alle Beschäftigten zuständig ist und in der Pandemie miterlebt hat, wie hoch die Belastungen für viele Beschäftigte vieler Berufsgruppen war, soll jetzt entscheiden, wer die Prämie denn verdient hat – und wer nicht.

Druck auf den Personalrat – mit allen Mitteln

Und um den Druck auf den Personalrat noch zu erhöhen, wurde im Gesetzestext eine weitere Unverschämtheit eingebaut: Wenn der Personalrat sich weigert, sich an dieser ungerechten Verteilungsdebatte zu beteiligen, und weiter auf dem Standpunkt bleibt, dass alle Beschäftigten einen Bonus verdient haben, dann wird gar kein Geld ausgezahlt… und bleibt somit der Bundesregierung für ihre Krankenhauspolitik erhalten.

Geschickt abgelenkt von den Fehlentscheidungen der Bundesregierung, könnte man sagen. Plötzlich muss der Personalrat die Frage beantworten, ob er weiter für alle Beschäftigten kämpft und damit dafür verantwortlich gemacht wird, dass niemand eine Corona-Prämie bekommt. Will der Personalrat das vermeiden, muss er in den sauren Apfel beißen. Er muss dann am Ende ein Ergebnis unterschreiben, das nur ungerecht sein kann und viele Kolleginnen und Kollegen zurecht wütend machen wird.

…aber nicht mit uns! Dann muss der Arbeitgeber entscheiden.

Natürlich wäre es falsch, das wenige Geld, dass an dieser Stelle einzelnen Beschäftigten zugesprochen wird, einfach nicht anzunehmen. Zu oft und zu viel wird über die allgemeine Politik zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der Wirtschaftskrise ohnehin das Geld bei den „einfachen“ Beschäftigten weggenommen und landet bei Aktionären und großen Konzernen. Nicht zufällig sind in der Zeit seit Beginn der Pandemie die großen Privatvermögen gestiegen und die normalen Einkommen gesunken. Ein Weg des Personalrats kann deshalb sein, die Auszahlung mit der Unterschrift zu ermöglichen, aber dann in der Verteilung, wie der Arbeitgeber sie für richtig hält! Dann soll der Arbeitgeber erklären, wer aus seiner Sicht keine Prämie verdient hat!

Die Arbeitgeber können Prämie aufstocken und allen Beschäftigten auszahlen. Aber anders als der Personalrat hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dieses ungerechte Verfahren zu beeinflussen. Die Bundesregierung hat explizit geregelt, dass die Arbeitgeber die Prämienzahlungen selbst aufstocken können. Und übertarifliche Prämien oder Bonuszahlung können sie sowieso jederzeit für die Beschäftigten beschließen und auszahlen. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt!

Wer die Verantwortung hat…

Bundesgesundheitsminister Spahn hat erklärt, dass er den Personalräten die Entscheidung über die Verteilung zutraut. Hat er bei dieser Erklärung in sich hineingelacht? Wir wissen es nicht. Der Bundesgesundheitsminister hat sicher um die Probleme bei der Verteilung gewusst, die er auf die Personalräte abgeschoben hat.

…muss sie auch tragen!

Die Verantwortung für die viel zu geringe Gesamtsumme und das Ausschließen von vielen Beschäftigten, die die massive Belastung neben den ausgewählten Pflegekräften getragen haben, hat die Bundesregierung. Ein Zeichen des Respekts von Seiten des Arbeitgebers wäre es, eine Prämie an alle auszuzahlen. Auch an unsere Kolleginnen und Kollegen in den Tochtergesellschaften. Und zwar eine Prämie in einer Höhe, die zumindest das Wort Prämie verdient. Wenn er das verweigert, trägt der Arbeitgeber die Verantwortung für diese Ungerechtigkeit.

Wir haben nur eine Verantwortung: Uns nicht spalten zu lassen… in unserem Sinne, im Sinne aller Beschäftigten im Krankenhaus, aber auch im Sinne der Patient*innen und damit der Bevölkerung, deren Versorgung wir jeden Tag hoch verantwortungsvoll sicherstellen.

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