Zum Umgang mit Holocaust-Vergleichen im Land der Täter

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Der Repräsentant eines Volks, das in einem Apartheid-ähnlich aufgebauten Staatswesen zu leben hat, weil ihm trotz aller UN-Resolutionen ein eigenes Staatsgebiet verweigert wird, kommt in Berlin mit dem Kanzler einer Nation zusammen, deren führende Klasse die bislang schwerste Schuld in der Weltgeschichte auf sich geladen hat: Diese hat mit begeisterter Teilnahme und Unterstützung größerer Teile seines Volkes zahlreiche andere Völker im Zweiten Weltkrieg überfallen und 55 Millionen Tote zu verantworten. Unterlegt war das von einer „Untermenschen“-Ideologie, der dreißig Millionen Angehörige slawischer Völker aus Polen, Russland, der Ukraine und Weißrussland sowie sechs Millionen Angehörige der jüdischen Gemeinschaft, die bis dato keinen Staat besaß, mit dem sie sich hätte schützen können, zum Opfer fielen. Für das letztere Verbrechen gibt es die Namen „Shoa“ oder „Holocaust“ und viel Opfer-Empathie, für ersteres nicht einmal ein zentrales Denkmal. Bis 1945 viermal so viele Russen wie Juden ermordet zu haben, bedeutet im Land der Täter noch lange nicht, 14.000 ermordete russische Ukrainer seit 2014 auch nur bemerkt zu haben.

Als das jüdische Volk dann 1948 einen Staat bekam, lag dieser auf Land, auf dem bereits das palästinensische Volk siedelte. Die vom jüdischen Staat ausgeübte Gewalt gegen die Palästinenser sowie die Weigerung, ihnen einen Staat zuzugestehen, schufen für die deutsche herrschende Klasse zunächst einen unbequemen Balanceakt zwischen Relativierung der eigenen Verbrechen, Wegschauen bei jenen Israels und heimlicher Sympathie für die Feinde der Feinde der Vorfahren. Indem Israel sich nach rechts entwickelte, löste sich der Knoten – heute sehen es deutsche Medien und Politiker als ihre hoheitliche Aufgabe an, darüber zu richten, was ein „Holocaust“ ist. Die Täter haben auf ihn ein moralisches Copyright, mit dem sich politische Gegner mundtot machen lassen. Kanzler Scholz konnte seine Nichtreaktion auf Mahmud Abbas’ falsches Gleichsetzen von Massakern und millionenfachem Völkermord sein Amt kosten; Cum-Ex wird es eher nicht.

Anders gelagert ist es, wenn der ukrainische Präsident Russlands Eingreifen in seinem Land als Holocaust bezeichnet. Das war im März; nicht in Berlin, sondern in Jerusalem. Deutschlands veröffentlichte Meinung schwieg – weil sie nicht applaudieren durfte.

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"Copyright", UZ vom 26. August 2022



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