In Winnenden gehen über 400 Menschen gegen rechte Gewalt auf die Straße

Chemnitz ist kein Einzelfall

Von Dieter Keller

In den vergangenen Tagen gingen in verschiedenen Städten tausende Menschen unter dem Motto #wirsindmehr auf die Straße. Sie wollten ihrer Empörung über die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz Ausdruck verleihen. Aber nicht nur im Osten Deutschlands kommt es zu rassistischen Übergriffen. In Winnenden, einer Kleinstadt nordöstlich von Stuttgart, überfielen am 30. August Rassisten bewaffnet zwei Geflüchtete. Als die Täter kontrolliert wurden, stieß die Polizei bei ihnen auf ein ganzes Waffenarsenal.

Als Reaktion auf den Überfall kamen am vergangenen Samstag rund 400 Menschen zur Kundgebung „Ob Winnenden oder Chemnitz: Für eine Welt ohne Rassismus“ zusammen. In Backnang, wenige Kilometer entfernt von Winnenden, wurde in der Nacht vor der Kundgebung das Rathaus mit Hakenkreuzen beschmiert und Menschen wurden durch Heil-Hitler-Rufe aus dem Schlaf gerissen. Aufgerufen zur Kundgebung hatte das Bündnis „Zusammen gegen rechts Rems-Murr“. Darin arbeiten unter anderem Amnesty International, ATTAC, das Antifaschistische Aktionsbündnis, der DGB und die IG Metall, die DKP, die Linke, die Jusos, das Bündnis Rems-Murr nazifrei sowie die VVN.

Bunt und entschieden brachten die Teilnehmer zum Ausdruck, dass sie „kein Bock“ auf Rassismus, rechte Gewalt und neofaschistische Hetze haben. Das Transparent der IG Metallbrachte die Stimmung auf den Punkt: „Respekt: Unsere Alternative heißt Solidarität“. Auf weiteren Transparenten, T-Shirts und Trageschildern war zu lesen: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“ „Kein Platz für Rassismus und Hass“, „Für Solidarität statt Ausgrenzung“. Lautstark skandiert wurden Losungen wie „Ob Nazis oder AfD, stoppt den Rechtsruck in der BRD“ oder „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“.

Konkreter als vielerorts auf #wirsindmehr-Demonstrationen zu hören war, sprach eine Vertreterin des Bündnisses „Zusammen gegen rechts Rems-Murr“ und verwies in ihrer Rede auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben, in denen die Armen immer ärmer, die Sorgen, Nöten und die Angst der Menschen vor der Zukunft immer größer werden. „In solchen Zeiten bieten die Rechten zunächst einfache Antworten, indem sie die Schuld Sündenböcken zuschieben und nicht dahin, wo sie hingehört – auf die Politik und das gesellschaftliche System, den Kapitalismus.“ Die AfD sei sehr gut darin. Doch sie stehe mit dieser Herangehensweise nicht allein da, insbesondere die CSU stehe „der AfD in kaum etwas nach. Beide in Kombination ebnen Nazis, die auf Menschenjagd gehen, (…) den Weg. Sie sind diejenigen, die ihre Tatmotive wieder salonfähig gemacht haben“. Rechtsruck und Rassismus seien kein „ostdeutsches“ Problem. Als Beispiel nannte sie Kandel, wo der verabscheuungswürdige Mord an einer 15-jährigen Frau instrumentalisiert wird für rassistische und neonazistische Propaganda und Umtriebe.

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"Chemnitz ist kein Einzelfall", UZ vom 21. September 2018



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