Die Investoren der Bayer AG wollen deutliche Maßnahmen

Chemieriese kriegt Druck

Von Herbert Becker

Weniger als am Dienstag letzter Woche hat die Bayer-Aktie zuletzt Ende 2012 gekostet. Monsanto, mittlerweile Teil der Bayer AG, steht weiterhin für Investoren schlecht da. Das Urteil eines US-Gerichts macht die Aktie unsicher. Mit den Beteuerungen, Glyphosat sei unschädflich, lässt sich an der Börse nur bedingt Erfolg erzielen.

Bayer hat Monsanto für mehr als 60 Milliarden Euro nicht günstig gekauft, jetzt noch die Klagen mit unübersehbaren Risiken. Diese werden seit Monaten eingepreist, im September hatte sich der Kurs noch knapp unter der Marke von 70 Euro stabilisiert und sich anschließend sogar etwas erholt, ist jedoch seitdem auf aktuell knapp über 63 Euro gefallen. Das Papier ist zwar derzeit mit einem prognostizierten 2019er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10,5 moderat bewertet und verfügt über eine Dividendenrendite von knapp 3,9 Prozent, doch befindet sich der Aktienkurs sehr deutlich in mittel- und langfristigen Abwärtstrends. So sehen das die sogenannten Analysten in ihrem Slang. Seit Jahresanfang summiert sich der Verlust der Bayer-Aktie auf über 26 Prozent.

Nach dem Urteil im August ist Bayers Börsenwert um rund 23 Milliarden Euro gesunken. Aktuell bringt es der Konzern noch auf rund 64 Milliarden Euro. Was war schon lange als realistisch anzusehen und wird nun durch die Erklärungen des Vorstandes, ebenfalls aus der letzten Woche, bittere Realität für die Beschäftigten?

Um den Monsanto-Deal zu bezahlen, wurden nicht nur kleinere Unternehmensteile verkauft, weil Kartellbehörden in den USA und in der EU darauf bestanden, es sollte auch Geld in die Kassen kommen. Gleichzeitig wurden neue Aktien ausgegeben, aber nicht zum gewünschten Wert, sondern deutlich billiger. Neue Aktien bedeuten aber auch, die prognostizierte Dividendenausschüttung muss durch viele neue Anleger geteilt werden. Das wollen Investoren nicht gerne erfahren, da entsteht Druck im bereits angespannten Kessel.

Der Vorstand der Bayer AG tut nun das, was man als das übliche Geschäftsgebaren eines kapitalistischen Unternehmens bezeichnen muss: Es kündigt die Reduzierung der Belegschaft um fast 10 Prozent an oder auch: Von rund 120000 Beschäftigten weltweit werden 12000 Beschäftigte in den nächsten drei Jahren „sozialverträglich“ rausgeschmissen. Dabei wird nicht wie mit einem Rasenmäher über alle Unternehmensteile gleich geschnitten, sondern man trennt sich mit diversen Begründungen gleich von ganzen Firmen. So gibt man das Geschäft mit „Tiergesundheit“, genannt „Animal Health“, ganz auf, angeblich seien hier Investitionen notwendig, die aber anderweitig nötiger sind bzw. mehr Rendite versprechen. Auch im Geschäft „Consumer Health“ gibt man Produkte wie Sonnenschutz und Fußpflege auf, auch will man sich aus dem „Chempark“ in Leverkusen zurückziehen – die Tochter „Covestro“ soll das alleine leisten, was bisher dort abgerufen wurde. Ansonsten spricht der Vorstand von „Anpassungen in Strukturen und Prozessen“ in den für den gesamten Konzern arbeitenden „Querschnittfunktionen“, was bedeutet, dass auch Tausende von Beschäftigten arbeitslos werden, die nicht in der Produktion arbeiten, sondern auf welcher Managementebene auch immer. Nicht zufrieden ist man mit der Produktivität der Pharma-Forschung, hier wünscht sich der Vorstand mehr externe Kooperationen, also ebenfalls Verkleinerung der Personalstärke.

Obwohl seit Jahren bekannt war, dass die Produktion von Mitteln für die Behandlung von Bluterkrankheiten in Wuppertal stagnierte, baute man noch ein großes, neues Fabrikteil. Jetzt die Erleuchtung: Das brauchen wir gar nicht, die Produktion aller Faktor-VIII-Produkte verbleibt am Standort in Berkeley (USA).

Für die Beschäftigen, ob bald betroffen oder erst in einiger Zeit, gibt es Beruhigungspillen: Es soll „sozialverträgliche“ Personalanpassungen geben, will meinen, der Vorstand verspricht, dass betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2025 ausgeschlossen sind.

Hierzu werden „attraktive Modelle für Austritte in den vorzeitigen Ruhestand zeitnah vereinbart“, das heißt, die staatlichen Sozialversicherungssysteme sollen die Kosten nicht unerheblich übernehmen. Gedroht wird aber damit, dass jährliche „Haltepunkte“ definiert werden, ob die Entlassungswelle genügend greift, andernfalls müsste halt angepasst werden.

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"Chemieriese kriegt Druck", UZ vom 14. Dezember 2018



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