Ulrike Eifler zum Aktionstag der IG Metall am 15. März

Busse und Bahnen – oder Panzer?

Ulrike Eifler

Zum 15. März ruft die IG Metall zu einem bundesweiten Aktionstag für eine bessere Industriepolitik auf. Inhaltlich ausbuchstabiert hat die Gewerkschaft ihre Positionen in einem Elf-Punkte-Plan: Brückenstrompreis, Investitionen, Qualifizierung, aber auch die Stärkung des Sozialstaates sind Forderungen aus dem Papier, die an die künftige Bundesregierung gerichtet werden, um Industriearbeitsplätze zu sichern. Die Mobilisierung am 15. März soll zeigen, dass es dafür relevante gesellschaftliche Mehrheiten gibt. Der Termin ist bewusst gewählt. Er fällt mitten in die Koalitionsverhandlungen und soll Druck auf die Koalitionäre machen, die Sorgen und Nöte der abhängig Beschäftigten wahrzunehmen und mit den Gewerkschaften als relevantem gesellschaftspolitischen Akteur zu rechnen.

Was in der gewerkschaftlichen Debatte allerdings viel stärker entwickelt werden muss ist die Frage, was für eine Industriepolitik wir wollen. Denn die Auseinandersetzung auch mit einer Regierung Friedrich Merz (CDU) wird nicht sein, ob sie industriepolitische Impulse aussendet, sondern welche. Aktuell stehen die Zeichen auf Expansion der heimischen Rüstungsindustrie. Mit der „Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie“ hatte die Regierung unter Olaf Scholz (SPD) bereits einer staatlichen Rüstungs-Planwirtschaft den Weg geebnet. Skizziert werden darin industriepolitische Leitplanken, um die deutschen Rüstungskonzerne bei der Umstellung auf Kriegsproduktion zu unterstützen. Dazu sollen die erforderlichen politischen, wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene geschaffen werden. Die Rüstungsindustrie ist begeistert. Schon seit längerem trommelt nicht nur Rheinmetall-Chef Armin Pappberger dafür, 250 bis 300 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, damit die Rüstungsbranche ausreichend Planungssicherheit habe.

Problematisch ist eine solche industriepolitische Ausrichtung schon deshalb, weil es dabei allein um die Expansion der Rüstungsindustrie geht, während alles andere bleibt, wie es ist. Mehr noch wird eine Unterordnung aller anderen Bereiche unter das Primat der Rüstungsproduktion eingeleitet. Damit läuft die Industriepolitik der Scholz-Regierung, die von Merz vermutlich forciert wird, auf eine Rekonversion hinaus: Sie zielt darauf ab, zivile Produktion auf militärische Produktion umzustellen. Eine solche industriepolitische Schwerpunktsetzung ebnet den Weg in eine industrielle Monostruktur, eine dominierende Rüstungsindustrie, die von tatsächlichem Kriegsgeschehen abhängig wird. Denn Profite lassen sich nur generieren, wenn Handgranaten, Kampfpanzer und Maschinengewehre nicht ungenutzt in Depots vor sich hin schlummern, sondern eingesetzt werden und es so zu einer kontinuierlichen Nachfrage kommt. Dies gilt umso mehr, da bei der Förderung der Rüstungsindustrie noch nicht einmal zwischen Angriffswaffen wie Panzern und Verteidigungswaffen wie Panzerabwehrsystemen unterschieden wird. Stattdessen gilt: Produziert wird, was Profit verspricht.

Die IG Metall wird durch diese Entwicklung vor große Herausforderungen gestellt. Während der Ukraine-Krieg die Krise der deutschen Automobilindustrie verstärkt hat, stabilisieren sich die Wertschöpfungsketten der Rüstungsindustrie und dienen zugleich als Konjunkturprogramm. Und: Was die Konjunktur stärkt, sichert Arbeitsplätze. Nicht grundlos spricht die Rüstungsbranche von der größten Einstellungswelle seit Ende des Kalten Krieges und verweist auf inzwischen knapp 400.000 Beschäftigte. Wie nahe Krise und Aufschwung beieinander liegen, zeigt ein Blick in die deutsch-polnische Grenzstadt Görlitz. Dort bemüht sich der Rüstungshersteller KNDS darum, ab März 2026 auf dem Gelände des Alstom-Konzerns gepanzerte Fahrzeuge zu produzieren und damit den 700 überwiegend jungen und hochqualifizierten Alstom-Beschäftigten eine Perspektive zu geben.

Umfang und Tempo des Hochfahrens von Rüstungskapazitäten, ebenso wie eine auf zehn Jahre und länger angelegte Beschaffungspolitik, haben den Charakter konkreter Kriegsvorbereitungen. Manufakturbetriebe wandeln sich zu Großserienherstellern. Allein Rheinmetall hat seine Granatenkapazität seit Beginn des Ukraine-Krieges verzehnfacht. Nicht nur die klassischen friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften, auch alle Anstrengungen für eine sozial-ökologische Transformation drohen dabei unter die Räder zu geraten.

Auch für den Erhalt des Planeten ist es nicht egal, ob grüner Stahl in Bussen, Bahnen und Schienen verbaut wird und eine Verkehrswende ermöglicht, oder in Kampfpanzern, die anschließend als ausgebrannter Stahlschrott auf Schlachtfeldern herumstehen. Die notwendige Debatte über den ökologischen Industrieumbau darf daher die Frage, was produziert wird, nicht von der nach dem gesellschaftlichen Nutzen trennen. Insgesamt muss klar sein: Rekonversion ist das Gegenteil von nachhaltiger Industriepolitik.

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