Wahlveranstaltung
zur „Rüstungskonversion“
in Nürnberg
DKP Nürnberg lädt ein:
„Es genügt nicht, die deutsche Rüstungsproduktion anzuprangern. Wir brauchen auch die Rüstungskonversion. Die Referentin Anne Rieger ist in der Friedensbewegung, nicht nur als Sprecherin des Bundesausschusses Friedensratschlag, aktiv und hat sich intensiv mit dem Thema Rüstungskonversion beschäftigt.“
Dienstag, 18. April 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr, „Dialog der Kulturen“ in der Fürther Straße 40a.
Weltweit gibt es etwa 15 400 Atomsprengköpfe. Und damit besteht – trotz des Atomwaffensperrvertrages und weil die Atomwaffen besitzenden Staaten ihre Verpflichtungen nicht einhalten, vor allem aber aufgrund wachsender Spannungen – nach wie vor die Gefahr eines die Menschheit vernichtenden Atomkrieges. Die USA sind derzeit dabei ihr Arsenal zu modernisieren. Auch die auf deutschem Boden in Büchel gelagerten Sprengköpfe. Dringend ist eine neue Abrüstungsinitiative nötig.
Die wird seit einigen Jahren von einer Reihe Staaten und von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gefordert. Im Herbst 2016 kam es in der UNO zu einer Abstimmung über die Aufnahme entsprechender Verhandlungen. Zuvor, am 17. Oktober 2016, hatte die noch von Obama geführte US-Regierung in einem vertraulichen Rundschreiben alle NATO-Mitglieder sehr eindringlich aufgefordert Gespräche der UNO über ein Atomwaffenverbot abzulehnen: Diese würden die Abschreckungsdoktrin der NATO unterlaufen. Die NATO-Partner folgten. Auch die Bundesregierung, obgleich sie sich zu multilateralen Abrüstungsprozessen und zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt bekannt hatte. 16 Staaten – darunter die Atommächte China, Indien und Pakistan – enthielten sich bei der Abstimmung. Die Resolution zur Aufnahme von Verhandlungen hatten Österreich, Brasilien, Irland, Mexiko, Nigeria und Südafrika eingebracht. China hat sich inzwischen für ein Abkommen ausgesprochen.
Als am 27. März in New York die erste Verhandlungsrunde der Vereinten Nationen (UNO) über das weltweite vollständige Verbot von Atomwaffen, an der 129 der 193 Mitgliedstaaten teilnahmen, begann, waren die Kernwaffen besitzenden Staaten, also auch Russland, das gleichfalls gegen die Verhandlungen gestimmt hatte, sowie die NATO-Partner der USA, mit Ausnahme der Niederlande, nicht dabei. Auch Japan und Australien fehlten. Die UN-Botschafterin der USA, Niki Haley, rechtfertigte den Boykott: „Ich wünsche mir für meine Familie nichts sehnlicher als eine Welt ohne Atomwaffen. Aber wir müssen realistisch sein: Gibt es irgendjemanden, der daran glaubt, dass Nordkorea einem Atomwaffenverbot zustimmt?“ Nur: Nordkorea hatte im Herbst der Aufnahme von Verhandlungen zugestimmt.
Das Auswärtige Amt in Berlin begründete die Ablehnung von Verhandlungen über ein vollständiges Verbot von Atomwaffen zunächst damit, dadurch würde der seit 1970 existierende Vertrag zum Verbot der Weiterverbreitung von Atomwaffen (NPT) „geschwächt“. Die Bundesregierung erklärte dann ihre Haltung mit einem Verweis auf die Ablehnung von Verhandlungen durch die fünf offiziellen Atomwaffenmächte. Abgelehnt haben diese – wie erwähnt – jedoch nur die USA, Russland, Großbritannien und Frankreich.
Es ist nicht nur Vasallen- bzw. „Bündnistreue“, die die Bundesregierung veranlasste, sich dem Boykott anzuschließen. Dahinter stehen eigene Interessen bzw. die Interessen von Rüstungskonzernen und Finanzinstituten, die selbst an der Produktion von Trägermitteln für Kernsprengköpfe usw. beteiligt sind oder wie zum Beispiel die Deutsche Bank, die Allianz, die Commerzbank, die KFW, die DZ-Bank und die Landesbank Baden-Württemberg Kernwaffenproduzenten finanzieren. Letzteres wird in einer internationalen Studie „Don’t bank on the Bomb“ (Fassung von 2016) belegt.
Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), erklärte zudem in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Rundschau“ am 2. April, dass der Boykott der Verhandlungen durch die Bundesregierung eher den Verdacht nähre, dass Deutschland sich die Option der „nuklearen Teilhabe“ aufrechterhalten wolle. „In jüngster Zeit wird in den Medien wiederholt berichtet, dass in politischen Kreisen mit Blick auf Donald Trump sogar über einen deutschen Griff zur Bombe oder eine europäische Atombombe nachgedacht wird. Es sei daran erinnert, dass die Bundesregierung den Atomwaffensperrvertrag 1973 nur unter dem Vorbehalt einer deutschen Mitverfügung über Atomwaffen im Rahmen einer europäischen Militär- und Sicherheitspolitik unterzeichnete. Die Internationalen Juristen gegen Atomwaffen (IALANA – NH) weisen darauf hin, dass alle Nato-Staaten den ‚Kriegsvorbehalt’ in Anspruch nehmen. Gemäß einer Erklärung des außenpolitischen Ausschusses des US-Senats von 1968 soll der Atomwaffensperrvertrag dann nicht mehr gelten, wenn ‚eine Entscheidung, Krieg zu führen, getroffen wird’.“
Gegen die Haltung der Bundesregierung wandten sich im Bundestag allein die Fraktionen der Partei „Die Linke“ und der Grünen. Sie forderten die Regierung in einem Antrag auf an den Verhandlungen in New York teilzunehmen. Friedens- und Entwicklungsorganisationen protestierten in einem offenen Brief an Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen den Boykott: „Die aktuelle Haltung der Bundesregierung ist mit dem außenpolitischen Selbstverständnis Deutschlands als fördernde Kraft des Völkerrechts und einer friedensstiftenden Weltordnung nicht vereinbar.“
Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), ein weltweiter Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen forderte die Bundesregierung auf, ihre ablehnende Haltung möglichst schnell zu korrigieren und sich an den Verhandlungen zu beteiligen. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) äußerte sich kritisch. „Hier hat die Bundesregierung eine Chance vergeben, ein deutliches Zeichen für eine weltweite Ächtung dieser Massenvernichtungsmittel zu setzen“, erklärte der Friedensbeauftragte der EKD, Renke Brahms. Er forderte auch, dass die Bundesregierung sich mit Nachdruck für einen Abzug der noch in Deutschland gelagerten US-Atomwaffen stark machen würde“.
Der Verhandlungsrunde vom 27. bis 31. März folgt eine zweite vom 15. Juni bis 7. Juli. Die Regeln der UN-Vollversammlung ermöglichen es, dass Staaten auch später in die Verhandlungen eintreten können. Damit die Bundesregierung das tut, eine „nukleare Teilhabe“ verhindert wird, ist mehr Protest und Druck nötig. Über die Ostermärsche hinaus.