In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung einen Katalog von 89 Maßnahmen „gegen Rechtsextremismus“ beschlossen, der Ende November von einem Kabinettsausschuss vorgelegt worden war. Die meisten Maßnahmen sollen Bildungsangebote fördern, die das gegenwärtige politische System loben. Andere Maßnahmen bieten den Sicherheitsbehörden neue Möglichkeiten zur Repression – und könnten auch Linke treffen.
Der Katalog der Bundesregierung enthält viel von dem, was Bürokraten für Aktivität halten: Expertenkreise und Kontaktstellen, Evaluationen, Diversity-Leitlinien und Qualitätssicherungen. Rund zwei Drittel der Maßnahmen sollen Bildung und Aufklärung über Rassismus und „Rechtsextremismus“ stärken, außerdem will die Regierung verschiedene Forschungsaufträge fördern und die Diversität im öffentlichen Dienst stärken, also stärker zum Beispiel Migrantinnen und Migranten einstellen.
Die Beschlüsse bleiben überwiegend vage. Ein großer Teil der „Demokratieförderung“ der Bundesregierung soll auch weiterhin über das Programm „Demokratie leben!“ abgewickelt werden. In diesem Rahmen finanziert die Regierung „zivilgesellschaftliches Engagement“ gegen Rassismus, 2019 mit einem Budget von 115,5 Millionen Euro. Damit dieses Geld nur in Projekte fließt, die der Regierung genehm sind, ließ das federführende Familienministerium – damals bereits SPD-geführt – zwischen 2015 und 2018 51 Projekte vom Verfassungsschutz überprüfen. Die Träger hatten Interesse an einer Förderung im Rahmen von „Demokratie leben!“ bekundet. Auch wenn sich die geförderten Projekte überwiegend gegen Rechts richten, lässt das Ministerium keinen Zweifel an der antitotalitären Ausrichtung des Programms: „Menschen- und Demokratiefeindlichkeit“ habe viele Gesichter – von „Rechtsextremismus“ „bis zu linkem Extremismus“.
Die Maßnahmen waren als Reaktion auf den jüngsten rechten Terror ausgearbeitet worden: Den Mord an Walter Lübcke, die Anschläge von Hanau und Halle. Die Bildungsangebote zielen darauf ab, die Politik der Bundesregierung ideologisch zu stützen und gegen Rechts zu verteidigen. Entsprechend kritisierte der AfD-Mann Stephan Brandner, die Regierung wolle „linke Sitzkreise“ finanzieren und alles fördern, was sich „gegen die einzige Opposition, die AfD, stellt“.
Da sie die bestehende Ordnung verteidigen soll, richtet sich die „Demokratieförderung“ auch gegen Linke. Das Kabinett hat beschlossen, auch den Rassismus in der DDR und die „Nicht-Integration von Vertragsarbeitern“ aufarbeiten zu wollen. Außerdem will sie über Rechtsextremismus und Rassismus auch in Museen und Gedenkstätten „zur SED-Aufarbeitung“ aufklären.
Mit ihren Maßnahmen will die Regierung auch den Repressionsapparat stärken. Punkt 1 der Liste ist, dass den Geheimdiensten künftig die Quellen-Telekommunikationsüberwachung erlaubt werden soll. Das hatte die Bundesregierung bereits im Oktober beschlossen. Es bedeutet, dass die Behörden auch verschlüsselte Nachrichten aus Messenger-Programmen mitlesen können. Außerdem will die Regierung das Strafrecht so ändern, dass es bestraft werden kann, „Feindeslisten“ anzulegen. Wie die Regelung genau aussehen wird, ist unklar, nach Einschätzung von „tagesschau.de“ könnte sie so gestaltet sein, dass auch das „Outing“ von Faschisten durch Antifa-Gruppen künftig strafrechtlich verfolgt wird.
Eine weiterer roter Faden im Katalog: Die „Demokratieförderung“ aus der „Zivilgesellschaft“ soll eng mit Polizei und Geheimdiensten abgestimmt werden. Seit Langem fordert die SPD ein „Demokratiefördergesetz“, um Initiativen längerfristig finanzieren zu können. Auch dieses Vorhaben findet sich im Katalog. Die „Frankfurter Allgemeine“ fragte im Innenministerium nach, was geplant sei. Das Gesetz solle „Grundwerte der Demokratie“ festschreiben. Dazu gehöre, dass beim Kampf gegen „Extremismus“ Zivilorganisationen und Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten.