Bürger aus Werl stellen sich den Rechten entgegen

Bürgermeister holt AfD-Parteitag in die Stadt

Von Paul Georg Lisztewink

Werl in Westfalen sollte schon einmal Schauplatz einer großen Nazi-Veranstaltung werden. Die NPD hatte 2009 bei der dortigen Stadthalle nachgefragt, ob sie an sechs Wochenenden für sie belegbar sei. Das hatten einige Bürger der Stadt spitz gekriegt. Sofort buchten sie die Halle für die von der NPD nachgefragten Termine. Die NPD musste sich einen anderen Tagungsort suchen.

Dieses Mal wollte sich der CDU-Bürgermeister das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen und wies die Geschäftsführung der Halle an, unverzüglich der AfD-NRW die Stadthalle für ihren Landesparteitag am 2. und 3. Juli 2016 zu vermieten.

Nach Bekanntgabe des Tagungsortes und -wochenendes des AfD-NRW-Parteitags fanden sich Werler Bürger – die meisten von ihnen waren bereits 2009 erfolgreich bei der Verhinderung des NPD-Parteitages aktiv gewesen – und auch das Bündnis gegen Rassismus aus der Kreisstadt Soest (BgRS) zusammen, um Gegenmaßnahmen zu planen. Während die Werler Bürger ein Kulturfest im Kurpark der Stadt planten, stellte das BgRS Planungen für Kundgebungen und eine Demo in der Nähe des AfD-Tagungsortes auf.

Im Aufruf zur Demonstration wurde zwar aufgeführt, dass die AfD „ein reaktionäres Familienverständnis propagiert, in dem „traditionelle“, d. h. pa­triarchale Rollenbilder Prinzipien wie Gleichberechtigung, Vielfalt und Freiheit der Lebensgestaltung (wieder) ersetzen sollen. Auch zur Homosexualität stehen viele AfD-Mitglieder in offener Feindschaft.

Die Politik der AfD ist nationalistisch, rassistisch und reaktionär. Sie stellt eine Bedrohung für unsere Vorstellung einer pluralistischen, demokratischen, freien und sozial gerechten Gesellschaft dar.“

Es wurde aber nirgendwo auf die Bedingungen für die Entstehung dieser protofaschistischen Bewegung hingewiesen. Sowohl die Verantwortlichen für die weltweit von der BRD geführten Kriege, als auch der seit 40 Jahren praktizierte verschärfte Klassenkampf von oben als verantwortliches Element für die Prekarisierung großer Teile der Bevölkerung blieben unerwähnt. Und ebenso wurden die dazu gehörigen politischen Parteien, die für diese Entwicklungen verantwortlich sind, nicht genannt.

Am Samstag, dem 2. Juli, fand die Demonstration mit den geplanten Kundgebungen und entsprechend den Kooperationsvereinbarungen mit der Polizei statt. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich 750 Menschen an den Aktionen. Es kam hier nicht zu Ausschreitungen von Seiten der Polizei, wie es in den letzten Wochen immer wieder bei Demonstrationen zu beobachten war.

Die DKP Hamm/Hellweg lieferte einen Redebeitrag, indem sie auf die wichtigen Inhalte des Aufrufs und auch auf die oben genannten Lücken in ihm hinwies.

Weitere Redner wurden von der Partei „Die Linke“, den Grünen, einer Kölner anarchistischen Antifa, dem RLC Soester Börde, der VVN-BdA, der IG Metall und dem DGB-Bezirk Dortmund/Hamm gestellt.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Bürgermeister holt AfD-Parteitag in die Stadt", UZ vom 8. Juli 2016



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit