Es war kurz vor der Sommerpause, als Jean-Claude Juncker in Athen noch einmal nach dem Rechten zu sehen, und seinem angeblichen Duzfreund Ministerpräsident Alexis Tsipras. Er lobte ihn für den eingeschlagenen Reformkurs, aber auch für die Aufnahme Zehntausender Flüchtlinge aus Syrien.
Juncker meinte, Griechenland habe nun eine „kritische Hürde“ genommen und sei auf einem guten Weg. Das mit dem guten Weg lässt sich aus der Bevölkerung nicht nachweisen, aber Griechenland bekam eine Zahlung des europäischen Rettungsfonds ESM, um damit weiter Schuldendienst leisten zu können. Dabei handelt es sich um Geld aus dem im Sommer 2015 ausgehandelten dritten Hilfspaket: 7,5 Milliarden Euro. Dafür wollen die EU-Finanzminister, allen voran Schäuble, weitere Taten sehen. Taten, die Opfer verlangen, aber kein Geld bringen. Weitere Kredite werden benötigt, um weiter Schulden umschichten zu können.
Finanzminister Euklid Tsakalotos muss am 10. Oktober, beim nächsten Eurogruppen-Treffen etwas auf den Tisch legen, was das von Seiten der EU in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigt. Und Vertrauen bedeutet hier: Trotz Unzufriedenheit in der Bevölkerung und trotz Verringerung der Staatseinnahmen durch Kürzungen und Privatisierungen weitermachen. Nur dann nämlich gibt es den zweiten Teil der im Juni genehmigten „Hilfszahlungen“ in Höhe von 2,8 Milliarden Euro.
Das griechische Parlament jedenfalls hat weiteren „Reformen“ zugestimmt: Verkauf griechischen Staatseigentums wie der Wasser- und Gaswerke des Landes, Flughäfen, Autobahnen und Häfen. 152 der 153 Parlamentarier der Regierungskoalition, die aus Syriza und der nationalistischen Partei Anel besteht, stimmten dafür.
Außerdem gibt es einen Führungswechsel bei der Privatisierungsbehörde. Die fünfköpfige Leitung besteht zukünftig aus drei griechischen Regierungsvertretern und zwei Vertretern der Gläubiger. Sie organisieren den Verkauf griechischen Staatseigentums.
Mehr als 300 Milliarden Euro Schulden hat Griechenland. Vor einem Jahr hat die Europäische Union beschlossen, 86 Milliarden Euro bis 2018 draufzupacken.