Wahlen in Sachsen und Thüringen: Linke stürzt ab, BSW mit starker Position

Brombeere oder Barbarei?

In Sachsen als auch in Thüringen mussten die Ampel-Parteien bei den Landtagswahlen am 1. September deutliche Stimmverluste hinnehmen, während sich die CDU stabilisierte. „Die Linke“ fuhr heftige Verluste ein, das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) gehörte zu den unumstrittenen Wahlsiegern. Ebenso die reaktionäre, rassistische und nationalistische AfD, die in Thüringen sogar die meisten Stimmen erhielt. Kaum waren die ersten Zahlen bekannt, schon häuften sich die Aufrufe zu einem Zusammenhalt der „Demokraten“. Im Fahrwasser dieser Empörung konnte sich die AfD einmal mehr als fundamentale Opposition präsentieren, die sie nicht ist. Es ist zu erwarten, dass der Versuch, politisch beliebige Koalitionen „gegen die AfD“ zu schmieden, sehr lange dauern und von ständigem Streit begleitet sein wird. Insbesondere das BSW läuft zudem Gefahr, in möglichen Koalitionen die eigene Glaubwürdigkeit als Oppositionspartei zu verspielen. In Sachsen wird ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD – die sogenannte „Brombeerkoalition“ als wahrscheinliche Option gehandelt. In Thüringen gibt es noch keinen Namen für das einzige mögliche Mehrheitsbündnis ohne AfD-Beteiligung, bei dem noch „Die Linke“ zur Brombeere dazukommen müsste. Aber das schließt die CDU bislang aus.

Die Thüringer „Linke“ komplettierte das Durcheinander mit der Forderung nach einer „stabilen Mehrheitsregierung jenseits der AfD“. Bodo Ramelow rief dazu auf, „dafür alle denkbaren Lösungen zu nutzen“ und bekräftigte seine Bereitschaft, den CDU-Kandidaten Voigt zum Ministerpräsidenten zu wählen. Damit setzte sich auch der Trend der Linkspartei fort, die Wahlarithmetik in den Vordergrund zu stellen und auf politische Inhalte weitgehend zu verzichten. Schon am Wahlabend hatte der scheidende Parteivorsitzende Martin Schirdewan die Schuld für das schlechte Abschneiden seiner Partei vor allem bei seinen ehemaligen Mitstreitern vermutet: „Das BSW ist ein Geschenk für die AfD.“ Am Montag rief er dann dazu auf, „nicht in Panik zu verfallen“. Die Partei müsse sich erneuern – in welche Richtung, sagte er nicht.

Das BSW nutzte seine gestärkte Position, um erneut für Friedensverhandlungen und eine Positionierung der kommenden Landesregierungen gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zu werben. „Das ist eine Kaderpartei einer Person, die sich in diesen beiden Landtagswahlkämpfen zur Weltpolitik geäußert hat“, erklärte CDU-Vorsitzender Friedrich Merz am Montag. Damit gab er eine häufig geäußerte Kritik wieder: Krieg und Frieden sei keine Frage der Landespolitik. Dass eine Eskalation des Krieges gegen Russland auch die Menschen in Thüringen und Sachsen betreffen würde, wurde dabei gekonnt unterschlagen.

Doch ganz so einfach konnten auch die Ampel-Parteien das Thema nicht links liegen lassen. Eine interessante Sicht auf die Dinge lieferte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Montag im „Deutschlandfunk“. Es sei weder die SPD noch der Kanzler gewesen, die sich den schlechten Zeitpunkt für die Ankündigung der Stationierung ausgesucht hatten, sondern der US-Präsident, der „leider“ keine Rücksicht auf den Wahltermin genommen habe.

Welche Auswirkungen die Wahlen auf die Ampel-Regierung in Berlin haben werden, bleibt abzuwarten. Der FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte schon direkt nach der Wahl erklärt, „Die „Ampel hat ihre Legitimation verloren“. Dass allerdings allein aus schlechten Wahlergebnissen eine Abkehr vom Kriegskurs folgt, ist nicht zu erwarten. Denn auch Sieger in Thüringen und Sachsen, AfD und CDU, setzen sich für die weitere Militarisierung und Aufrüstung zulasten der Bevölkerung ein.

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"Brombeere oder Barbarei?", UZ vom 6. September 2024



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