Zufriedenheit unter Erwerbstätigen

Brisante Ergebnisse

Würde man die großen Konzerne nach ihrer Zufriedenheit mit der Krisenpolitik der Bundesregierung während der Corona-Pandemie fragen, wären diese angesichts von Hilfsgeldern in dreistelliger Milliardenhöhe sicher voll des Lobes für die politisch Handelnden. Die Hans-Böckler-Stiftung hat stattdessen die Lohnabhängigen im Rahmen ihrer Erwerbspersonenbefragung interviewt. In der Studie wurden 6.419 Erwerbspersonen im April, im Juni und im November 2020 sowie im Januar und im Juli 2021 und zuletzt von Anfang bis Mitte Januar 2022 zu ihrer Lebenssituation während der Pandemie befragt.

Die Ergebnisse sind brisant. Während der Corona-Pandemie war die Zufriedenheit der Lohnabhängigen mit der Krisenpolitik der Regierung noch nie so gering wie jetzt. Nur noch 31 Prozent der Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden sind mit dem Krisenmanagement zufrieden. Im Juli 2021 waren es noch 40 Prozent und bis zu 67 Prozent kurz nach Ausbruch der Pandemie. Dabei ist die Unzufriedenheit in den verschiedenen Einkommensschichten synchron angestiegen, allerdings ausgehend von unterschiedlichen Niveaus. Die Unzufriedenheit ist unter den Erwerbspersonen mit den niedrigsten Haushaltseinkommen am höchsten.

Dies ist keine große Überraschung, da die Arbeitsmarktinstrumente, die zur Absicherung von Erwerbstätigkeit geschaffen wurden für Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht oder allenfalls begrenzt wirksam sind. Das vielgelobte Instrument der Kurzarbeit greift eben nur sehr bedingt in der Leiharbeit oder bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Darüber hinaus ist das Kurzarbeitergeld nur dann existenz- beziehungsweise lebensstandardsichernd, wenn dessen Höhe in Betrieben mit starken Gewerkschaften aufgestockt wird. Noch prekärer ist die Situation für Minijobber. Diese haben keinen Anspruch auf Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld und stehen in der aktuellen Krise ganz ohne Schutz da. Betroffen sind hier meist Frauen.

Als zweite zentrale Ursache für die aktuell stark zunehmende Unzufriedenheit der Befragten hat die Studie die fehlende Unterstützung bei der Sorgearbeit ausgemacht. Ein Aspekt, der bisher gar nicht im Fokus der Corona-Politik stand. Menschen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen sind während der Pandemie mit deutlich höheren Belastungen konfrontiert. In der Folge fühlen sich Eltern, vor allem Mütter, alleingelassen und zunehmend ausgelaugt.

Dies ist wenig überraschend. 19 Prozent der Frauen mit betreuungsbedürftigen Kindern haben im Januar 2022 angegeben, ihre Arbeitszeit wegen der Kinderbetreuung verringert zu haben. Mit Ausnahme des ersten – sehr harten – Lockdowns im April 2020 mit 24 Prozent ist dies der höchste Wert seit Beginn der Befragung. Der Anteil der Väter, die zur Kinderbetreuung ihre Arbeitszeit reduzieren, lag im Januar mit knapp 6 Prozent deutlich niedriger und war mit knapp 16 Prozent auch zu Beginn der Pandemie erheblich kleiner.

Dies zeigt: In der Krise wurde nicht nur die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben weiter fortgesetzt, sondern auch längst überwunden geglaubte Geschlechterrollen wurden reproduziert.

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"Brisante Ergebnisse", UZ vom 4. März 2022



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