Rund um das vergangene Wochenende ist es in verschiedenen bundesdeutschen Städten erneut zu Aktionen und Aufmärschen von Neonazis und Rassisten gekommen. Nachdem es vor mehr als drei Wochen in Bautzen zu Angriffen von Faschisten auf Flüchtlinge gekommen war, marschierten am vergangenen Freitag erneut rund 300 Rechte in der ostsächsischen Stadt auf. Während rund 120 Menschen gegen die neuerliche Provokation der Nazis protestierten, attackierten diese Journalisten.
„Es braucht in Sachsen ein klares Statement gegen diese Nazis, Rassisten und ‚Besorgten‘! Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber die ‚sächsischen Zustände‘ kranken am Ausbleiben des zivilgesellschaftlichen Aufstandes gegen den rechten Mob“, kritisierte Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete der Linkspartei.
Grundsätzlichere Kritik an den „sächsischen Zuständen“ übte hingegen der sächsische Linksparteichef Rico Gebhardt: „Ministerpräsident Stanislaw Tillichs (CDU) Ankündigungen, mehr für die Zivilgesellschaft und für politische Bildung zu tun, haben es nicht aus dem Plenarsaal geschafft. Wenn die Christdemokraten weiter jede Selbstkritik unterlassen und die AfD durch Kopierversuche hoffähig machen, wird das die Gesellschaftsmehrheit nicht dazu zu bewegen, selbst laut zu werden“, kritisierte Gebhardt in der „Jungen Welt“. Man dürfe „sich auch nicht wundern, dass der Sachsen-Mythos zum Sachsen-Chauvinismus geworden ist, der dazu beiträgt, dass Teile der Bevölkerung Fremde nicht freundlich empfangen“, warnte er weiter.
In Magdeburg griffen unterdessen mehrere Neonazis am vergangenen Sonnabend eine Polizeiwache an, nachdem einer ihrer Gesinnungsgenossen am Hauptbahnhof von der Bundespolizei festgenommen worden war. Die teils vermummten Nazis bedrohten die Beamten über die Gegensprechanlage der Wache. Infolge dessen nahmen die Polizisten neun Männer und zwei Frauen in Gewahrsam.
In Dortmund nahmen am vergangenen Samstag rund 500 rechte Hooligans und Neofaschisten an einer Kundgebung teil. Unter dem fadenscheinigen Motto „Schicht im Schacht – Gemeinsam gegen den Terror“ hatte der Verein „Gemeinsam Stark – Deutschland“, der sich eigenen Angaben zufolge der „Bewahrung der patriotischen Interessen der Bürger in Deutschland“ verpflichtet sieht, zu den Protesten aufgerufen. Für ihren Aufmarsch hatten die extremen Rechten unter anderem mit dem Konterfei des berüchtigten Neofaschisten Siegfried Borchardt, bundesweit auch als „SS-Siggi“ und einstiger Anführer der „Borussenfront“ bekannt, geworben.
In den vergangenen Wochen war es in Dortmund wiederholt zu diversen Angriffen der Neonazis gekommen, denen zugeschrieben wird, im August gezielt versucht zu haben, einen Antifaschisten niederzustechen. Während die Polizei erst in der letzten Woche kundtat, dass die „konsequente Verhinderung und Verfolgung von rechtsextremistischen Straftaten“ der „wesentliche behördenstrategische Schwerpunkt der Dortmunder Polizei“ sei, griffen Nazis kürzlich unter den Augen der Polizei außerdem die Besetzung eines Infostandes der DKP im Stadtteil Dortmund an (UZ vom 7.10.2016).
Die Polizei zog infolge des neuerlichen Aufmarsches, an dem unter anderem Dortmunds ehemaliger Feuerwehrchef Klaus Schäfer und der nordrhein-westfälische NPD-Chef Claus Cremer teilnahmen, ein positives Fazit. „Zu den befürchteten Gewalttätigkeiten ist es in Dortmund nicht gekommen. Mit starken Polizeikräften haben wir von Beginn an keinen Zweifel an unserem Einsatzziel – gegen Straf- und Gewalttäter konsequent vorzugehen – aufkommen lassen“, erklärte Polizeiführer Dieter Keil.
Die nordrhein-westfälische Linkspartei übte hingegen Kritik am Agieren der Polizei bei vergangenen Einsätzen. Keiner der neofaschistischen Straftäter der letzten Tage und Wochen sei von den Beamten gefasst worden.
„Bei einer der letzten rechten Kundgebungen ignorierten die Beamten sogar die Bewaffnung eines Nazis mit einem Messer“, kritisierte Christian Leye, Landessprecher der NRW-Linkspartei. Die Polizei stehe in der Pflicht, endlich Erfolge im Kampf gegen rechte Gewalttäter vorzuweisen, statt „regelmäßig die mittlerweile sattsam bekannten Floskeln abzusondern und faktisch doch untätig zu bleiben“, monierte er außerdem. An den vergangenen antifaschistischen Protesten hatten sich neben Politikerinnen und Politikern der Linkspartei auch DKP, SDAJ und das Bündnis Dortmund gegen Rechts beteiligt.