Bundeswehr, Ermittlungsbehörden und etablierte Politik sind trotz der mittlerweile regelmäßigen Enthüllungen über faschistische oder rassistische Netzwerke in der deutschen Armee offensichtlich noch immer nicht bereit, entschlossen gegen die Soldaten vorzugehen, die der sogenannten Prepper-Szene oder der extrem rechten Reichsbürgerbewegung zugerechnet werden.
Im Zusammenhang mit rechten und extrem rechten Aktivitäten wurde in der jüngeren Vergangenheit auffällig oft über Mitglieder der Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) berichtet. Erst am Mittwoch letzter Woche kam es in Nordsachsen zu einer Durchsuchung bei einem Elitesoldaten, der auf seinem Grundstück im sächsischen Collm eine Art Waffendepot angelegt haben soll. Tatsächlich wurden dort unter anderem ein Sturmgewehr, Munition und Plastiksprengstoff sichergestellt.
Kerstin Köditz, zuständig für Innenpolitik und Sprecherin für antifaschistische Politik bei der sächsischen Linksfraktion, forderte, dass nun umgehend geklärt werden müsse, „woher das sichergestellte Material stammt, was der Beschuldigte damit vorhatte, ob es Mitwisser gab und wie stark er mit der rechten Szene vernetzt ist“. „Ich denke hier vor allem an sogenannte Prepper, an das Nordkreuz-Netzwerk und den Uniter-Verein. Hier hatten sich schon in der Vergangenheit einige Bezüge nach Sachsen angedeutet“, so Köditz weiter. Aufhorchen lasse, dass „der Militärische Abschirmdienst den Beschuldigten bereits seit drei Jahren im Visier gehabt haben soll – die Gefahr war also schon länger bekannt, gehandelt hat man aber erst jetzt“. Es sei „jetzt auf Bundesebene zu klären, ob diese Einheit nicht endlich aufgelöst werden sollte“, forderte die Landtagsabgeordnete mit Blick auf die anhaltenden rechtsextremen Skandale beim KSK.
Über verschwundene Munition berichtete am 12. Mai einmal mehr auch das ZDF-Magazin „Frontal21“. In einem Beitrag, der den Titel „Munition von rechts außen – Spezialeinheiten unter Verdacht“ trägt und noch einige Zeit im Internet zu sehen ist, berichtet das Magazin über den Polizeibeamten und Scharfschützen Marco G. Ihm wird vorgeworfen, über 50.000 Schuss Munition gehortet zu haben, um an einem sogenannten „Tag X“ mit seinem „Nordkreuz“-Netzwerk politische Gegner auszuschalten, deren Daten von den Neonazis – Stichwort Nordkreuzlisten – bereits zusammengestellt worden waren. Ein Großteil der Munition, die bei dem Beschuldigten beschlagnahmt worden war, soll bei Bundeswehr- und Polizeispezialeinheiten gelistet gewesen sein. Rund 1.200 Patronen davon sollen jedoch nicht aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern aus Nordrhein-Westfalen stammen. Zunehmend scheint sich die von Antifaschisten geäußerte Vermutung zu bestätigen, dass sich verschiedene Neonazis, Rassisten und andere extreme Rechte aus dem Armee- und Polizeiapparat zu einer potentziell terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben beziehungsweise dabei sind, sich zusammenzuschließen.Ein Treffpunkt scheint ein Schießplatz im mecklenburg-vorpommerischen Güstrow zu sein, wo beispielsweise auch das Sondereinsatzkommando der Dortmunder Polizei trainiert, wie es in einer aktuellen Pressemitteilung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Dortmund heißt.
Dass das Interesse der Bundesregierung und der von dem Munitionsraub betroffenen Landesregierungen, Licht in den braunen Untergrund in Armee und Polizei zu bringen, derart gering ausfällt, ist bemerkenswert. In Mecklenburg-Vorpommern verweigerte die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die ansonsten kaum eine Gelegenheit auslässt, sich als entschiedene Nazigegnerin feiern zu lassen, dem ZDF-Magazin selbst ein Statement zu den faschistischen Strukturen im sogenannten Sicherheitsapparat.