Das Bundesinnenministerium wertet die in mehreren bundesdeutschen Städten aktiven „Bürgerwehren“ und extrem rechten Mischszenen offenbar teils als potentiell „terroristische Gefährder“. In einer am Montag veröffentlichten Antwort des Ministeriums auf eine Parlamentarische Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linksfraktion) informiert die Behörde, dass selbsternannte Bürgerwehren im Zeitraum zwischen 14. Oktober 2017 und 15. Oktober 2019 insgesamt achtmal beim „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ thematisiert worden seien.
„Innerhalb der als ‚Bürgerwehren‘ auftretenden Gruppierungen können sich Ansätze für rechtsterroristische Potenziale herausbilden. Es scheint ein fließender Übergang vom Aufruf zur Bildung von ‚Bürgerwehren‘ hin zu einem eigenmächtigen Eintreten für Sicherheit und Ordnung abseits des staatlichen Gewaltmonopols oder gar hin zu gewalttätigem Handeln zu sein“, schreibt das Ministerium.
Wenn schon die Bundesregierung vor einem rechtsterroristischen Potenzial bei solchen Bürgerwehren warne, müsse die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch solche Zusammenschlüsse tatsächlich erheblich sein, so Jelpke. Sie erwarte daher, dass mit „allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln gegen solche selbsternannten Bürgerwehren“ vorgegangen werde. „Es darf nicht hingenommen werden, dass aufgrund der öffentlichen Präsenz solcher Schlägertrupps Angstzonen für Andersdenkende oder Migranten geschaffen werden“, so die Innenpolitikerin weiter.
Selbsternannte „Bürgerwehren“, deren Mitglieder und Unterstützer sich maßgeblich aus Nazis, rechten Hooligans, Rassisten und Kriminellen zusammensetzen, treiben vor allem in NRW ihr Unwesen. Diesem Spektrum werden gemeinhin unter anderem die „Bruderschaft Deutschland“ aus Düsseldorf, die „Steeler Jungs“ aus Essen, „Mönchengladbach steht auf“, die „Internationale Kölsche Mitte“ sowie die „Besorgten Bürger Herne“, die teils auch als „Bruderschaft Herne“ oder „Bruderschaft Ruhrpott“ auftreten, zugeordnet. Besonders pikant ist, dass es sich bei diesen Kreisen, die sich in der Öffentlichkeit als vermeintliche Verteidiger und Anhänger von Sicherheit und Ordnung zu inszenieren versuchen, in einer Reihe von Fällen um Personen handelt, die bereits strafrechtlich – und dabei nicht selten wegen Gewaltdelikten – in Erscheinung getreten sind.
Hinzu kommt, dass die „Bürgerwehren“ teils bereits Unterstützung aus den Reihen faschistischer Kleinstparteien wie etwa von „Die Rechte“ erhielten. Deren Anhänger waren in der Vergangenheit selbst als sogenannter „Stadtschutz“ in Dortmund auf Patrouille gegangen, womit sie ausgerechnet den Aktivitäten der „Scharia-Polizei“ fundamentalistischer Islamisten in Wuppertal in nichts nachstanden.
Unterdessen rufen verschiedene „Bürgerwehren“ und rassistische Zusammenschlüsse zu einer Demonstration nach Duisburg auf. Dort wollen sie am Sonntag, den 17. November, aufmarschieren, um „gegen Terror und Gewalt ein Fanal zu setzen“, wie es im Aufruf von „Pegida NRW“ heißt. Dass sie sich damit selbst meinen könnten, dürfte als ausgeschlossen gelten. Das antifaschistische Bündnis „Duisburg stellt sich quer!“ ruft dazu auf, den Aufmarsch der extremen Rechten zu verhindern.